Für die Künstlerin Maria Justus war sofort klar, welche Thematik sie in ihrer Arbeit für die IHK aufgreifen wird: eine neoklassizistische Figurengruppe, die die bekannten Münchner Bildhauer Heinrich Düll und Georg Pezold einst für das Gabriel-von-Seidl-Haus entworfen hatten. Die sechs Skulpturen vor dem historischen Gebäude, einem der beiden Stammhäuser der IHK, sind alle im Zweiten Weltkrieg verschollen gegangen. Es gibt nur noch Fotos, die ihre einstige Existenz bezeugen.
Gemäss ihres Ansatzes, ihre Werke inhaltlich aus dem kollektiven Bildgedächtnis entstehen zu lassen, sind diese Skulpturen Ausgangspunkte für ihre künstlerische Intervention im Haus. Maria Justus rematerialisierte zwei davon, Mars und Venus, mit innovativen Technologien. Mittels KI wurden sie dreidimensional nachgeformt, und kleine Teile der Figuren blieben in der digitalen Gittermodelierung erhalten, um den Transformationsprozess sichtbar zu erhalten. Dies und die räumliche Gegenüberstellung von Venus und Mars, Frau und Mann, erweisen sich als ausgesprochen sensible, zerbrechliche Narrative.
Frank Sauer