Die Durchsetzung von Forderungen in der EU
Auf europäischer Ebene gilt eine EU-Verordnung, die darauf setzt, Anerkennung und Vollstreckung zunehmend zu entbürokratisieren, um effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten.
Nach dieser Verordnung (Nr. 44/2001), auch Brüssel I-Verordnung genannt, ist es in der EU mit einem deutschen Titel (z. B. Urteil oder Vollstreckungsbescheid) kein Problem mehr, die Forderung auch vollstrecken zu können.
Das deutsche Mahnverfahren bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten
Zahlt der Schuldner nicht und hat er seinen Wohn- oder Firmensitz im europäischen Ausland, kann dennoch ein Mahnbescheid in Deutschland beantragt werden. Voraussetzung ist, dass sich der Schuldner in einer der folgenden Länder befindet:
Belgien, Bulgarien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Island, Israel, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn, Vereinigtes Königreich und Zypern.
In allen anderen Fällen bleibt nur der Klageweg mit zum Teil erheblich größerem Zeitaufwand und hohen Kosten bzw. Gebühren, um seine Forderung durchzusetzen. Man muss aufgrund der fremden Rechtsordnung des anderen Staates Rechtsbeistand hinzuziehen, zeitaufwändige und teure Zustellungen sowie ein oftmals langwieriges Gerichtsverfahren kommen hinzu.
Die gerichtliche Zuständigkeit
Für Mahnverfahren bei grenzüberschreitenden Fällen ist das deutsche Gericht zuständig, wenn es auch bei einem entsprechendenKlageverfahren „international zuständig“ wäre.
Dies kann entweder durch eine vertragliche Vereinbarung oder in Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelt sein.
Eine weitere Möglichkeit bietet das Gesetz. Gemäß Art. 7 Nr. 1 EuGVVO ist etwa bei Verträgen der Gerichtsstand der Erfüllungsort. Erfüllungsort ist der Ort, an dem die Ware oder die Dienstleistung zu liefern bzw. zu erbringen war. Die gesetzlichen Regeln sind zum Teil sehr komplex, weshalb zu empfehlen ist, einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen.
Steht fest, dass ein deutsches Gericht bei einem entsprechenden Klageverfahren international zuständig wäre, muss noch bestimmt werden, an welches deutsche Gericht der Antrag auf Erlass des Mahnbescheids zu richten ist. Der allgemeine Gerichtsstand richtet sich bei Personen nach deren Wohnsitz, bei Unternehmen nach dem Firmensitz. In Bayern ist ausschließlich das Amtsgericht Coburg (Zentrales Mahngericht) zuständig, wenn Wohnsitz oder Firmensitz des Antragstellers in Bayern liegt.
Besteht keine Zuständigkeit eines deutschen Gerichts, muss das Mahnverfahren am Wohnsitz des Schuldners im Ausland erfolgen.
So läuft das Verfahren nach Antragstellung ab (ohne europäischen Vollstreckungstitel)
Der überall in Deutschland erhältliche Vordruck für Mahnverfahren bzw. der Online-Mahnantrag ist ebenso bei grenzüberschreitenden Fällen zu verwenden. Geben Sie darin das zuständige deutsche Gericht der Streitsache an und begründen Sie ihre Entscheidung. Ergibt sich die Zuständigkeit aus einer Gerichtsstandsvereinbarung, fügen sie diese dem Mahnantrag bei. Ansonsten müssen Sie die internationale Zuständigkeit des deutschen Gerichts – unter Einholung von Rechtsrat – gesondert begründen.
Notwendige Übersetzungen veranlasst das Gericht und es leitet die Zustellung des Mahnbescheides im Ausland ein. Anschließend hat der Schuldner – sollte er nicht bereits gezahlt und das Verfahren damit beendet haben – zwei Wochen Zeit, dem Bescheid zu widersprechen, was zur Eröffnung des gerichtlichen Verfahrens führt.
Über die Zustellung des Mahnbescheides an den Schuldner werden Sie durch eine sogenannte „Zustellungsnachricht“ informiert,. Für den Antrag eines Vollstreckungsbescheides haben Sie sechs Monate Zeit, um doch noch zu Ihrem Geld zu kommen. Die Frist beginnt allerdings mit der Zustellung des Mahnbescheids und nicht etwa mit der Zustellungsnachricht. Wird die Sechs-Monatsfrist versäumt, verliert der Mahnbescheid seine Wirkung.
Die Verfahrenskosten trägt zwar der Schuldner, Sie müssen als Antragsteller jedoch vorab sämtliche Zahlungen leisten!
Im anschließenden Vollstreckungsverfahren prüft zunächst das deutsche Gericht, ob der Mahnbescheid für vollstreckbar erklärt werden kann, d.h. insbesondere ob die erwähnten Fristen eingehalten sind. Ist dies der Fall, muss das deutsche Gericht das zuständige ausländische Gericht einschalten. Dieses entscheidet dann, ob die deutsche Vollstreckbarkeitserklärung auf sein eigenes Staatsgebiet ausgedehnt werden kann.
Dieses zeitaufwendige Verfahren kann mit einem Europäischen Vollstreckungstitel vermieden werden.
Zurück zur Übersicht