Der Europäische Datenschutzausschuss (EDPB) veröffentlichte im Dezember 2023 einen Bericht über die Anwendbarkeit der DSGVO, erläutert Isabelle Vereecken, Leiterin des Sekretariats des Europäschen Datenschutzausschusses. Der EDPB betonte, dass die DSGVO die Datenschutzgrundsätze in der EU gestärkt, modernisiert und harmonisiert hat. Das Bewusstsein für Datenschutzrechte und -pflichten, sowie die Anzahl der Beschwerde- und Rechtsmittelverfahren wurden in allen Bevölkerungsgruppen deutlich erhöht. Die DSGVO diente zudem als Grundlage für die neuen Regulierungen zum Umgang mit Daten und des AI Acts.
Der EDPB hat in seinem neuen Arbeitsprogramm für die neue Amtsperiode - EDPB Strategy 2024 - 2027 - die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit zwischen den Datenschutzbehörden und anderen Regulierungsbehörden festgestellt, die im Rahmen dieser Rechtsvorschriften zuständig sein werden. Frau Vereecken verweist zudem auf den Verordnungsentwurf zur Ergänzung der DSGVO in Bezug auf Verfahrensaspekte, welcher auf Wunsch des EDPB eingeführt wurde. Bezogen auf die unterschiedlichen Rechtsauffassungen der Datenschutzaufsichtsbehörden weist sie darauf hin, dass die DSGVO die Situation im Vergleich zu den vorherigen rechtlichen Gegebenheiten wesentlich verbessert hat. Zusätzlich hat der EDPB durch zahlreiche Leitlinien, Stellungnahmen und verbindliche Beschlüsse hier schon für mehr Klarheit und mehr Harmonisierung gesorgt und wird dies weiter tun.
Dr. Matthias Schmidl, Leiter der Österreichischen Datenschutzaufsicht, und Alexander Filip vom Bayerischen Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA), berichten von den Herausforderungen für ihre Ämter. Die Bearbeitung von Beschwerden wegen Datenschutzverletzungen sei bisher prioritäre Aufgabe aus der DSGVO und sehr personalintensiv. Es geht darum, mit vorhandenen Personalkapazitäten die Vielzahl an Aufgaben zu meistern und hierbei die technologische Entwicklung datenschutzrechtlich zu begleiten sowie offen und kompromissbereit Rechtsfragen EU-einheitlich zu klären. "Sometimes it takes time", so Alexander Filip. "Over the last years we've getting better and better and learned a lot from each others".
Die Wirtschaftsvertreter forderten den Abbau bürokratischer Belastungen, insbesondere für KMU, und mehr Rechtssicherheit. In der Diskussion mit dem EU-Kommissionsvertreter Olivier Micol hob Kei-Lin Ting-Winarto, Leiterin des Referats Datenschutz, DIHK, die Ergebnisse der DIHK-Umfrage zur Evaluierung der DSGVO hervor. Über drei Viertel der Unternehmen haben auch sechs Jahre nach Inkrafttreten der DSGVO "hohen bis extremen" Aufwand mit der Umsetzung beklagt - und das über alle Branchen hinweg. Damit bleibe die DSGVO ein zentraler Bürokratietreiber. Klemens Gutmann, regiocom SE, hob positiv hervor, dass vieles wie z. B. Massendatenverarbeitungen oder auch die Pseudonymisierung mittlerweile gut klappten. Die Belastung aller durch den Datenschutz sei sehr groß. Selbst große Unternehmen stießen hier an ihre Grenzen. Die rechtlichen Anforderungen erreichten manchmal absurde Züge, beispielsweise wenn KMU Datenschutz-Folgenabschätzungen durchführen müssten. Rita Bottler, Datenschutzbeauftragte des BIHK e.V., ergänzte, dass KMU in der Praxis auch nicht in der Lage sind, für umfangreiche und komplexe Datenverarbeitungen die Datenschutzdokumentationen zu erstellen. Hier müsse man überlegen, ob die DSGVO die Pflichten richtig zuweist.
Julia Czipzirsch, Versicherungskammer Bayern, forderte Erleichterungen beim Drittstaatentransfer. Vielfach seien in der Verarbeitungskette Subunternehmer eingesetzt. Die Pflicht, das Datenschutzniveau weltweit in allen Drittstaaten einschätzen zu können, sei in der Praxis eine Herausforderung. Sie forderte zudem ein Überdenken der für Datenvorfälle geltenden Meldepflicht von 72 Stunden für Sachverhalte, die kein hohes Risiko für die Daten Betroffener mit sich bringen. Denn diese laufe auch über das Wochenende und über Feiertage, wenn Aufsichtsbehörden geschlossen haben. Prof. Dr. Sibylle Gierschmann, in Deutschland und in den USA zugelassene Rechtsanwältin, forderte ebenfalls Erleichterungen. KMU, welche keine Daten mit hohem Risiko verarbeiten, sollten kein Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten führen müssen. Informationspflichten im B2B-Bereich hätten keinen Mehrwert und sollten abgeschafft werden. Sie sprach sich u. a. dafür aus, das Recht auf Datenkopie abzuschaffen und Verträge zur Auftragsverarbeitung - soweit möglich - zu standardisieren.
Alle waren sich einig, dass Fragen zur Anonmyisierung und Pseudonymisierung in einer digitalen Welt geklärt werden müssen. "Wir müssen über das Urteil des EuGH vom 07.03.2024 zu IAB Europe diskutieren", so Johannes Hauner. Er dankte allen Vertretern aus der Europäischen Kommission, den Ministerien und Datenschutzaufsichtsbehörden sowie den Wirtschaftsvertretern für die offene Diskussion sowie den Kooperationspartnern für die sehr konstruktive und effektive Zusammenarbeit und bot an, diesen wichtigen Dialog fortzusetzen.