Unbefristete Teilzeit
Wer hat Anspruch auf unbefristete Teilzeit?
Der Anspruch auf dauerhafte Reduzierung der Arbeitszeit ergibt sich aus dem Teilzeit- und Befristungsgesetz. Die Voraussetzungen sind:
- Das Arbeitsverhältnis besteht seit mehr als 6 Monaten.
- Im Unternehmen gibt es in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer.
Dabei ist zu beachten, dass es sich um eine reine Kopfzahl handelt, so dass auch jeder Teilzeitarbeitnehmer als ein Arbeitnehmer zählt. Außerdem ist der Schwellenwert unternehmens-, nicht betriebsbezogen, besteht also auch bei Arbeitgebern mit mehreren Filialen, in denen jeweils unter 15 Arbeitnehmer beschäftigt werden.
Verfahren
Der Arbeitnehmer muss spätestens drei Monate vor Beginn der gewünschten Teilzeit einen entsprechenden Antrag stellen Der Antrag muss die gewünschte Verringerung der Arbeitszeit enthalten, außerdem soll auch die gewünschte Verteilung der reduzierten Arbeitszeit angegeben werden. Der Antrag muss in Textform erfolgen. Das bedeutet, dass der Antrag schriftlich oder in elektronischer Form (z. B. E-Mail oder Fax) gestellt werden muss, wobei der Antragsteller genannt werden muss. Eine eigenhändige Unterschrift ist nicht erforderlich. Nicht ausreichend ist ein mündlicher Antrag.
Das TzBfG macht keine Vorgaben zu einem Mindest- oder Höchstumfang der Reduzierung der Arbeitszeit, so dass grundsätzlich auch geringfügige Veränderungen beantragt werden können. Eine Grenze bildet allerdings der Rechtsmissbrauch, wenn eine sehr geringfügige Arbeitszeitreduzierung lediglich zur Durchsetzung einzelner freier Tage begehrt wird. So hat das Bundesarbeitsgericht einen Teilzeitantrag als rechtsmissbräuchlich angesehen, mit dem der Arbeitnehmer die jährliche Arbeitszeit um 3,29 % reduzieren wollte, um stets vom 22. Dezember bis zum 02.01. des Folgejahres nicht zu arbeiten.
Nach Eingang des Antrags sieht das Gesetz zunächst eine Erörterung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit dem Ziel einer einvernehmlichen Regelung vor. Arbeitgeber sollten diese Möglichkeit wahrnehmen und sich tatsächlich um eine Lösung bemühen. Insbesondere ist es sinnvoll, zu versuchen, mit dem Arbeitnehmer den Hintergrund seines Teilzeitverlangens zu erörtern. Für den Teilzeitanspruch brauchen zwar keine bestimmten Gründe vorzuliegen und der Arbeitnehmer ist auch nicht verpflichtet, seine Beweggründe offenzulegen. Dennoch liegt es meist im Interesse beider Parteien des Arbeitsvertrages, auch die Hintergründe des Teilzeitantrags zu besprechen, um tragfähige Lösungen für die zukünftige Gestaltung des Arbeitsverhältnisses zu erzielen. Möglicherweise lässt sich auch durch alternative Vereinbarungen, wie zum Beispiel Home-Office-Regelungen oder eine flexiblere Verteilung der unveränderten Arbeitszeit eine für beide Seiten sinnvolle Vertragsgestaltung erreichen.
In größeren Unternehmen kann es sinnvoll sein, unabhängig von konkreten Teilzeitanträgen bereits im Vorfeld Konzepte zu entwickeln, welche Positionen grundsätzlich auch in Teilzeit ausgeübt werden können und welche Teilzeitmodelle denkbar sind. Hier ist zu beachten, dass für die Einführung solcher Teilzeitmodelle ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates gemäß § 87 BetrVG besteht.
Wenn kein Einvernehmen erzielt wird, muss der Arbeitgeber seine Entscheidung über den Antrag dem Arbeitnehmer bis spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Verringerung mitteilen. Diese Mitteilung muss in Schriftform erfolgen, also in Papierform mit eigenhändiger Unterschrift des Arbeitgebers bzw. eines Vertretungsberechtigten.
IHK-Tipp:
Im Gegensatz zum Antrag des Arbeitnehmers reicht für die Erklärung des Arbeitgebers nach dem Gesetzeswortlaut die elektronische Form nicht, eine E-Mail kommt also nicht in Betracht!
Eine wirksame Ablehnung kann nur durch eine fristgerechte Erklärung in Schriftform erfolgen. Reagiert der Arbeitgeber nicht oder lehnt er die beantragte Reduzierung der Arbeitszeit nicht rechtzeitig oder nicht in Schriftform ab, reduziert sich die Arbeitszeit des Arbeitnehmers automatisch in der beantragten Weise, ohne dass der Arbeitgeber zustimmen müsste.
Kann der Wunsch nach Teilzeit abgelehnt werden?
Der Arbeitgeber kann den Antrag des Arbeitnehmers ablehnen, wenn betriebliche Gründe entgegenstehen.
- Ein betrieblicher Grund liegt gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG insbesondere vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht. Da die entgegenstehenden betrieblichen Gründe nicht „dringend“ sein müssen, genügen nachvollziehbare, plausible Gründe. Diese können sich sowohl gegen die Verringerung der Arbeitszeit an sich als auch gegen die gewünschte Verteilung richten.
- Der Ablehnungsgrund muss aber über die schlichte Ablehnung von Teilzeit-Arbeitsverhältnissen „aus Prinzip“ hinausgehen. Denkbar ist eine Ablehnung zum Beispiel, wenn an einem Arbeitsplatz ein Wechsel zwischen mehreren Teilzeitarbeitnehmern einen unverhältnismäßig hohen Aufwand bedeuten würde, weil jeder der Teilzeitarbeitnehmer zunächst eine Vielzahl von Informationen an den anderen Arbeitnehmer weitergeben müsste.
- Auch ein unternehmerisches Konzept, Kunden einen einheitlichen Ansprechpartner an die Seite stellen zu wollen, kann einem Teilzeitanspruch entgegenstehen. Ein betriebliches Arbeitszeitkonzept steht nur dann dem Teilzeitanspruch entgegen, wenn es tatsächlich bestimmte Arbeitszeiten bedingt, mit denen die beantragte Teilzeitregelung nicht vereinbar ist.
Ein in der Praxis einem Teilzeitanspruch häufig entgegenstehender Grund ist die Unmöglichkeit, für die ausfallende Arbeitszeit eine Ersatzkraft zu finden. Allerdings reicht es nicht, lediglich auf den allgemeinen Fachkräftemangel zu verweisen. Vielmehr muss der Arbeitgeber konkret darlegen können, dass eine Besetzung nicht möglich, also eine passende Kraft auf dem maßgeblichen Arbeitsmarkt nicht zu finden ist. Das ist etwa der Fall, wenn der Arbeitgeber bereits seit einiger Zeit erfolglos versucht, eine vergleichbare Position zu besetzen. Liegen derartige Erfahrungen gerade nicht vor, muss zumindest mit der Arbeitsagentur geklärt werden, ob entsprechende Arbeitskräfte zur Verfügung stehen.
Auch unverhältnismäßige Kosten können einen betrieblichen Grund darstellen, der dem Teilzeitverlangen entgegensteht. Würde zum Beispiel die Aufteilung einer Außendienst-Position in zwei Teilzeitstellen die Anschaffung eines weiteren Fahrzeuges erforderlich machen, kann dies unverhältnismäßig sein. Nicht zu berücksichtigen sind aber alle Kosten, die naturgemäß immer mit der Aufteilung einer Position in Teilzeitstellen und der Einstellung einer weiteren Person verbunden sind, wie etwa Kosten für Stellenanzeigen, Bewerbungsgespräche oder das Führen eines weiteren Lohnkontos.
Zu beachten ist, dass die Gründe für die Ablehnung des Teilzeitantrags zum Zeitpunkt der Ablehnung zwar vorliegen müssen, aber im Ablehnungsschreiben selbst nicht notwendigerweise genannt werden müssen.
Hält der Arbeitnehmer die Ablehnung der beantragten Teilzeit für unberechtigt, kann er auf Zustimmung zu seinem Antrag vor dem Arbeitsgericht klagen. In diesem Prozess ist der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig für das Vorliegen von dem Teilzeitverlangen entgegenstehenden betrieblichen Gründen.
Änderung des Arbeitsvertrages
Erklärt sich der Arbeitgeber mit der Reduzierung der Arbeitszeit einverstanden, ändert sich damit der Arbeitsvertrag in der beantragten Weise. Eine Neufassung des Vertrages ist grundsätzlich nicht erforderlich, kann aber im Einzelfall zweckmäßig sein, wenn sich zum Beispiel einzelne Leistungen des Arbeitgebers nicht ohne weiteres teilen lassen, so dass eine ausdrückliche Regelung sinnvoll ist.
Die Reduzierung der Arbeitszeit gemäß § 8 TzBfG ist eine dauerhafte. Eine Verlängerung der Arbeitszeit, also auch eine Rückkehr in Vollzeit, kann nur einvernehmlich erfolgen. Zeigt ein Teilzeitarbeitnehmer allerdings in Textform einen Wunsch nach Verlängerung seiner vertraglichen Arbeitszeit an, so ist er bei der Besetzung von freien Arbeitsplätzen gemäß § 9 TzBfG bevorzugt zu berücksichtigen.
Nach Ablehnung von Teilzeit: Wann kann ein neuer Antrag gestellt werden?
Hat der Arbeitgeber eine beantragte Arbeitszeitreduzierung berechtigt abgelehnt, kann der Arbeitnehmer frühestens nach Ablauf von zwei Jahren einen erneuten Antrag stellen.
Hat der Arbeitgeber sich mit der beantragten Reduzierung einverstanden erklärt, kann der Arbeitnehmer seine Arbeitszeit mit einem weiteren Antrag weiter reduzieren. Auch hier gilt allerdings die Zweijahresfrist, der Arbeitnehmer kann den weiteren Reduzierungsantrag also frühestens zwei Jahre nach Zustimmung zur ersten Verringerung stellen.
Sonderfall: Teilzeit in Elternzeit und Pflegezeit
- Während der Elternzeit haben Eltern einen besonderen Rechtsanspruch auf eine vorrübergehende Verringerung der Arbeitszeit. Eine Ablehnung ist hier nur aus "dringenden betrieblichen Gründen" möglich. Die in der Elternzeit beantragte Teilzeit muss mindestens 15 Wochenstunden und darf nicht mehr als 30 Wochenstunden umfassen.
- Für die Pflege von Angehörigen haben Arbeitnehmer für die Dauer der Pflegezeit einen Anspruch auf vorrübergehende Teilzeit. Dies gilt, wie beim allgemeinen Anspruch auf Teilzeit, nur bei Betrieben mit mehr als 15 Beschäftigten. Die Pflegezeit darf nicht länger als sechs Monate dauern. Im Fall der Verringerung der Arbeitszeit in der Pflegezeit muss der Arbeitnehmer seinen Anspruch schriftlich darlegen. Wie bei der Teilzeit während der Elternzeit kann der Wunsch nur aus "dringenden betrieblichen Gründen" abgelehnt werden.