CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM)
Der CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism) geht mit weitreichenden Berichtsanforderungen und dem verpflichtenden Erwerb von CO2-Zertifikaten einher – und zwar für eine Vielzahl an Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe! Doch was möchte der zu Oktober 2023 in Kraft getretene CBAM eigentlich erreichen und was bedeutet das konkret für Unternehmen?
Nachfolgend geben wir Ihnen einen Überblick zum aktuellen Stand bekannter Details und Regelungen des CBAM und geben Tipps, was Unternehmen trotz vieler Unklarheiten schon tun können.
Worum geht es?
Die Kosten für CO2-Ausstoß steigen in Europa stetig. Der CO2-Grenzausgeichsmechanismus (CBAM) soll europäische Unternehmen befähigen, trotzdem international wettbewerbsfähig zu bleiben. Denn: Unternehmen aus Drittländern mit weniger Klimaschutzambition sind oft niedrigeren CO2-Kosten ausgesetzt und können ihre Produkte daher am internationalen Markt günstiger anbieten.
Wie funktioniert der CBAM?
Der CBAM wirkt Wettbewerbsverzerrungen durch international ungleiche CO2-Kosten entgegen, indem er aus Drittländern in die EU eingeführte, energieintensiv hergestellte (Vor-)Produkte mit einem Aufpreis beim Zollverfahren belegt.
Der Aufpreis für die Waren, z. B. aus dem Eisen-, Stahl- oder Aluminium-Sektor, ergibt sich aus der Menge an CO2-Emissionen, die das Produkt bei der Herstellung im Drittland verursacht hat und dem aktuellen CO2-Preisniveau im EU-Emissionshandel. In dem jeweiligen Drittland ggf. bereits geltende CO2-Bepreisung wird bei der Bestimmung des Aufpreises individuell berücksichtigt.
Wann startet der CBAM und welche Pflichten gehen damit einher?
Die Übergangsphase des CBAM beginnt am 1. Oktober 2023. CBAM-pflichtige Unternehmen sind dann aufgefordert, über die durch sie in die EU eingeführten und zu bepreisenden Waren zu berichten. Berichte müssen ab Q1 2024 quartalsweise eingereicht werden. Details zum Einreichprozesses finden Sie unten (Abschnitt "Wo Sie Unterstützung bekommen").
Die Deutsche Emissionshandelsstelle ( DEHSt) wurde zur zuständigen nationalen Behörde für das neue Klimaschutzinstrument der EU in Deutschland benannt. Die DEHSt ist bereits für die Umsetzung des Europäischen Emissionshandelssystems (EU-ETS) und nationalen Emissionshandelssystems (nEHS) zuständig.
Der Zugang zum Registrierungsportal wird über das Portal des Zolls laufen. Hier gelangen Sie zur Anleitung und zum Portal.
Die Deutsche Emissionshandelsstelle DEHSt hat einen Newsletter zu aktuellen Fragen zum Grenzausgleichsmechanismus CBAM veröffentlicht. Dort werden die Internetseiten für eine verspätete Einreichung des CBAM-Berichts, für FAQ-Listen der DEHSt und der EU-Kommission und für die Standardwerte genannt. Näheres dazu finden Sie hier.
Update Februar 2025
Aus einem kürzlich veröffentlichten Entwurf zur Überarbeitung des CBAM durch die EU-Kommission gehen einige Änderungen hervor:
- Betroffenenkreis: Kleinimporteure und zahlreiche KMU sollen zukünftig von einer Berichterstattung befreit werden. Das umfasst importierte CBAM-pflichtige Waren, bei deren Produktion weniger als 100 Tonnen CO2-Äquivalente emittiert wurden oder Waren, die ein Gesamtgewicht von 50 Tonnen unterschreiten. Derzeit gilt eine Bagatellgrenze von 150 Euro pro Warensendung. Nach Schätzungen soll so eine große Mehrheit der Importeure von Berichtspflichten befreit werden, während 99 Prozent der Emissionen weiterhin erfasst bleiben.
- Zeitplan: Der verpflichtende Kauf von CBAM-Zertifikaten soll erst im Februar 2027, statt ursprünglich geplant in 2026 eingeführt werden.
- Verwendung von Standardfaktoren: Ist es Unternehmen nicht möglich, Primärdaten zur Emisisonsintensität der gekauften Güter von Dritten zu erhalten, dürfen weiterhin Durchschnittsdaten verwendet werden. Diese werden für jedes Ausfuhrland und Produkt offiziell festgelegt.
Hinweis: Der Vorschlag der EU-Kommission muss das ordentliche Gesetzgebungsverfahren der EU durchlaufen, d.h. das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union prüfen die Vorschläge, erarbeiten gegebenenfalls einen neuen Kompromiss und müssen dem finalen Gesetzestext zustimmen.
Welche Unternehmen und Produkte sind verpflichtet, am CBAM teilzunehmen?
Im CBAM verpflichtete Unternehmen sollten frühzeitig aktiv werden und ihren ersten Bericht für Q1 2024 vorbereiten. Doch wer ist überhaupt verpflichtet, am CBAM teilzunehmen?
Bislang fallen folgende Warenbereiche bei einem Import nach Europa unter den CBAM:
- Aluminium
- Düngemittel
- Elektrizität
- Eisen und Stahl
- Wasserstoff
- Zement
- sowie z. T. vor- und nachgelagerte Produkte, z. B. aus Eisen und Stahl
Folgende Schritte empfehlen sich, um zu prüfen, ob das eigene Unternehmen verpflichtet ist, nach CBAM zu berichten und später Zertifikate zu erwerben:
- prüfen, ob eine grundsätzliche Einfuhrtätigkeit besteht und, falls ja,
- prüfen, ob entweder das Zollverfahren "Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr" oder eine "Aktive Veredelung" durchgeführt wird und, falls ja
- prüfen, ob die Warennummer, die während des Import-Verfahrens beim Zoll angegeben wird, in der CBAM-Verordnung gelistet ist.
Ist die Warennummer schließlich gelistet, besteht eine Verpflichtung zur Teilnahme am CBAM. Bagatellgrenzen gibt es Stand November 2023 nicht. Alle Importe betreffender Produktgruppen mit einem höheren Wert als 150 Euro sind zu berichten und später mit dem Kauf entsprechender Zertifikate zu belegen. Zuständig für den CBAM-Prozess ist das einführende Unternehmen selbst.
Eine übersichtliche Darstellung zu den im CBAM-verpflichteten Produktgruppen bzw. deren HS-Codes bietet das Umweltbundesamt (auf Englisch). Den Originaltext finden Sie in der Veröffentlichung der EU (auf Englisch).
CBAM-Berichte: Was kommt auf betroffene Unternehmen zu?
Die EU hat im Juni 2023 eine Durchführungs-Verordnung veröffentlicht, welche die Bestimmungen zu den Inhalten und Berechnungsmethoden der Berichte näher definiert, die die Unternehmen ab Oktober 2023 erarbeiten und in Q1 2024 erstmals vorlegen müssen. Die Verordnung stellt Ihnen die EU-Kommission hier zur Verfügung. Die Regelungen sind komplex, teils wenig praxistauglich bzw. mit erheblichem Aufwand für die Unternehmen für die Datenbeschaffung verbunden.
Was wir aktuell wissen:
- Erheblicher Aufwand: Da über alle eingeführten (Vor-)Produkte einzeln und nach Bezugsfirma separat berichtet werden muss, steht ein erheblicher Aufwand für die Kommunikation und Datenbeschaffung bei den Zulieferern in Drittländern dahinter.
- Abgefragte Datenpunkte: Es werden rund 230 Kategorien abgefragt, von denen einige vielfach aufgeführt werden müssen - je nach dem, wie viele im CBAM gelistete Waren Sie aus wie vielen Ländern und vor Ort von wie vielen verschiedenen Lieferanten beziehen.
- Emissionsmengen: Hinzu kommt die Berechung der verursachten Emissionen bei der Herstellung im Drittland. Darin fließen die Emissionsangaben Ihrer Zulieferer und Stückzahl des bezogenen Gutes, der aktuell geltende CO2-Preis im EU-Emissionshandel sowie der CO2-Preis im Drittland (falls vorhanden) ein. Erste Details zur Berechnung fasst das Umweltbundesamt gut zusammen (auf Englisch). Weitere Infos siehe unten (Abschnitt "Wo Sie unterstützung bekommen").
- Pro Warentyp und Produktionsstätte müssen entweder „nur“ die direkten bei der Herstellung in dieser Stätte anfallenden Emissionen ermittelt werden oder auch indirekte (vorgelagerte) Emissionen.
- Schließlich muss der notwendige CO2-Preisaufschlag je nach Land im Abgleich mit dem EU-CO2-Preis im Emissionshandel ermittelt werden.
- Die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) wurde zur zuständigen nationalen Behörde für das neue CO2-Grenzausgleichssystem der EU benannt.
Zertifikatekauf: Welche Kosten und Prozesse kommen auf betroffene Unternehmen zu?
Ab 2026 müssen für die in den CBAM-Berichten ermittelten CO2-Emissionen, die für die Herstellung von importierten Gütern in Drittländern angefallen sind, Zertifikate erworben werden - und zwar ein Zertifikat pro Tonne Emission. Die individuellen Kosten, die Unternehmen durch den CBAM zu tragen haben werden, werden stark variieren.
- Der Zertifikatepreis wird sich nach dem aktuellen durchschnittlichen Wochenpreis für Zertifikate im EU-Emissionshandel richten.
- Je nach Land, aus dem die Waren bezogen werden, können dort bereits geltende CO2-Bepreisungssysteme angerechnet werden.
- Außerdem ist die Menge an ermittelten, bei der Produktion im Drittland verursachten Emissionen ausschlaggebend. So wirken sich Bezugsfirmen, die z. B. bereits klimaschonend produzieren, positiv auf die Gesamtkosten aus. Denn die durch sie bei der Herstellung verursachten Emissionen sind geringer und somit muss der Importeur bei der Einfuhr in die EU weniger Zertifikate vorhalten.
Wie der Kaufprozess genau abläuft, ist noch unklar. Es wird jedenfalls ein CBAM-Register geben, in das sich jedes verpflichtete Unternehmen ab Januar 2025 eintragen muss. Außerdem ist eine Verknüpfung mit dem deutschen Zollportal sowie mit den EORI-Nummern wahrscheinlich.
Was passiert bei Nicht-Einhaltung der CBAM-Verpflichtungen?
Derzeit sind Sanktionen je nicht oder falsch angemeldeter Tonne CO2 von 10 bis 50 Euro im Gespräch. Die tatsächliche Höhe soll von verschiedenen Faktoren abhängen, wie dem Nachkommen einer Korrekturanweisung. Details sind Stand November 2023 noch unklar. Wer der Anmeldung im CBAM-Register nicht nachkommt, riskiert wegen der geplanten Verknüpfung mit der eigenen EORI-Nummer außerdem abgelehnte Zollanmeldungen.
Was Sie trotz vieler Unklarheiten jetzt tun sollten?
- prüfen, ob Sie vom CBAM betroffen sind; wichtig: es sind auch kleine Betriebe verpflichtet, keine Bagatellgrenzen, es geht rein um die beim Zollverfahren angegebene Nummer!
- relevante Abteilungen Ihres Unternehmens informieren, der Einkauf kann sich wegen Lieferantenkontakten als federführende Stelle anbieten; ggf. Projektgruppe bilden
- Datenbeschaffung und -aufbereitung einleiten: Strategie für Kontaktaufnahme und Datenerhebung bei Lieferanten erarbeiten, Zuständigkeiten und Zeitachse klar definieren
- Ggf. neue Prozesse oder Tools einführen: prüfen, ob intern bereits verwendete Systeme auch für das CBAM-Datenmanagement verwendet werden können oder ein neues (bestenfalls digitales) Tool benötigt wird; mit möglichen auf dem Markt verfügbaren Tools zum CBAM vertraut machen, einige Agenturen arbeiten bereits an Systemen
- Notwendigkeit externer Beratung bei komplexen Lieferstrukturen prüfen
- IHK- und Zoll-Seiten regelmäßig checken, ggf. Newsletter abonnieren
Wo Sie Unterstützung bekommen – IHK und EU informieren
Sie erhalten fortlaufend Informationen auf dieser Seite. Außerdem bietet die IHK-Organisation verschiedene Online-Termine an, in denen Sie sich kostenfrei zum aktuellen Stand des CBAM informieren und Ihre Fragen stellen können. Es empfiehlt sich außerdem, sich regelmäßig auf den Seiten des Zolls oder über den Zoll-Newsletter zu informieren, ob es Neuigkeiten zum CBAM gibt.
Am 17.08.23 hat die EU-Kommission die Durchführungsverordnung mit Anlagen für die Berichtsphase offiziell veröffentlicht. In diesem Zuge gibt die EU den im CBAM verpflichteten Unternehmen folgende Hilfestellungen an die Hand:
Online-Infotermine der EU zum CBAM für einzelne Branchen sowie Online-Schulungsmaterial
EU-Leitfaden zum CBAM für EU-Einführer und für Nicht-EU-Anlagen
Excel-Vorlage zur Kommunikation mit Ihren Lieferanten
Ein Online-Tool, welches betroffenen Unternehmen die Datenerfassung und Berechnungen nach CBAM erleichtern soll, ist derzeit noch in Arbeit.
Zur Übersicht