Blumen sind doch Luxus. Wie erklären Sie die Kauflust?
Blumen sind ein emotionales Produkt. Die bestellt man nicht einfach online. Der Kunde sucht sich die schönsten Rosen selbst aus. Bei Pflanzen habe ich extrem gemerkt, wie sich das Leben der Menschen verändert hat. Sie wollen oder können nicht ins Ausland reisen. Sie haben keine Lust auf Hotels ohne Frühstücksbuffet und Schwimmbadverbot. Wer noch Geld verdient, macht es sich zuhause schön. Eben auch mit Pflanzen.
Hatten Sie mit diesem Trend gerechnet?
Nein, ich wusste nie, was kommt. Ich habe mitten im Shutdown Jungpflanzen bekommen, von denen du nicht weißt, wann und ob du sie verkaufen kannst. Da steht man vor der Frage: Soll ich da Personalkosten reinstecken oder die Leute in Kurzarbeit schicken? Es war ein Pokerspiel. Ich habe weiter produziert, viele Betriebe meiner Branche haben die Produktion gestoppt. Als dann wieder verkauft werden durfte, war viel zu wenig Ware auf dem Markt. Man hat uns die Blumen fast aus der Hand gerissen.
Klingt, als hätten Sie mit der Krise keine Probleme gehabt.
Jetzt läuft es gut. Was wir zuvor an Umsatz verloren haben, haben wir aber bis heute nicht aufgeholt. Blumen kauft niemand nach. Wenn man zwei Wochen lang kein Geschäft macht und nicht weiß, wie es weitergeht, dann kommt die Panik.
Wie haben Sie den Lockdown erlebt?
Es war Wahnsinn. Am Anfang durften Baumärkte und Gartencenter noch offen haben. Dann war ewig unklar, ob Blumengeschäfte wie Gartencenter einzuordnen sind oder nicht. Erst mussten sie zusperren, dann durften sie wieder aufmachen. Dann war alles dicht. Als die Gartencenter wieder öffnen durften, wusste wieder keiner, ob das auch Blumengeschäfte betrifft.
Haben Sie sich nicht informiert?
Bei wem denn? Als es mit den Betriebsschließungen ernst wurde, habe ich binnen 24 Stunden fünf E-Mails vom Gärtnereiverband und Fachverband der Floristen bekommen, die sich widersprochen haben. Wie soll man so sein Geschäft planen?
Die Staatsregierung hat eingeräumt, dass es Unklarheiten gab.
Als die Lockerungen kamen, ging es genauso chaotisch weiter. Die Gartencenter haben an einem Donnerstag erfahren, dass sie am folgenden Montag aufmachen dürfen. Kein Beamter kann sich vorstellen, was das bedeutet. Die Gartencenter mussten jetzt schleunigst frische Ware kriegen. Wenn sie die am Freitag bestellen, kommt bis Montag aus Holland keine Lieferung an. Wir haben uns halbtot gearbeitet, um den Bedarf einigermaßen abzudecken.
Als Großhändlerin waren Sie aber vom Lockdown doch nicht betroffen.
Das stimmt. Die Frage war nur: An wen soll ich liefern? Ich habe zwei Tage lang dicht gemacht. Ich wusste nicht, ob ich meine 70 Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken soll oder nicht. In meiner Gärtnerei stand Ware im Wert von einer Million Euro. Zu dem Zeitpunkt war nicht klar, wann unsere Kunden wieder aufmachen dürfen.