Haben Sie Soforthilfe beantragt?
Ja, die habe ich beantragt und bekommen. Ich fand das System dieser Hilfen stimmig. Allerdings habe ich auch einen guten Zeitpunkt erwischt. Ich habe den Antrag schon nach zwei Wochen abgeschickt. Da wurden die Leute noch nicht von der Antragsflut überwältigt. Noch vor Ostern hatte ich das Geld auf dem Konto. Das hat mir geholfen, komplett auf die Kurzarbeit zu verzichten. Ich hatte genügend Leute, um das Abholgeschäft aufzuziehen.
Hat Ihre Hausbank mitgezogen?
Ja. Es hilft eben, wenn man sich seit Jahren kennt, ein persönlicher Bezug da ist. Da hilft einem keine Online-Bank. Unsere Raiffeisenbank hat total unbürokratisch reagiert. Die haben sofort den Kontokorrentrahmen hochgesetzt. Die haben mir versichert, wir regeln das so, dass Du liquide bleibst. Wir machen das so, dass es für Dich passt. Das war für mich wertvoll. Das gab mir die Perspektive zum Weitermachen.
Hatten Sie so viel Unterstützung erwartet?
So, wie uns auch unsere Brauereien unterstützt haben, das kannst du nicht planen. Das war einfach toll. Der Unertl in Haag hat das Bier, das seine Wirte nicht verkaufen konnten, kostenlos zurückgenommen. Er hat das dann auf seinem Brauereigelände gegen eine Spende ausgeschenkt. Diese Aktion fand ich so gut, das habe ich unterstützt. Jeder, der bei mir Essen bestellt hat, bekam eine Halbe Unertl kostenlos dazu.
Haben Sie über neue Konzepte nachgedacht?
Es gab die Idee, ein Lieferkonzept zu entwickeln. Aber das ist schon wegen der nötigen Versicherungen sehr schwer umzusetzen. Ich hätte mehr Personal gebraucht. Wir haben auch mal Privatcatering für Familienfeiern gemacht. Auch das ist so aufwendig, dass wir das nicht weiter gemacht haben.
Hatten Sie Zweifel, die Krise zu überstehen?
Eigentlich nicht. Aber wir hatten Glück. Mein Bruder ist Koch, ich bin gelernter Hotelkaufmann. Vor sechs Jahren haben wir überlegt: Bleiben wir in unseren Berufen? Oder übernehmen wir die Wirtschaft? Wir haben uns für die Übernahme entschieden und alles, vor allem die Küche, so umgebaut, wie wir uns das vorgestellt hatten.
Das müssen Sie aber jetzt abbezahlen.
Wir haben große Kredite laufen, klar. Aber das Problem einer Stundung der Tilgung lässt sich mit einer Hausbank, die man seit Jahren kennt, viel leichter lösen, als wenn man in München teure Pachtzahlungen leisten muss.
Wie geht es Ihnen heute, in der Phase der Lockerungen?
Wir haben jetzt eine Perspektive. Wir können am Gast arbeiten, das tun, was uns Spaß macht. Wenn ich mir anschaue, wie es anderen Wirten in der Stadt geht, ist das ein Glücksfall. Ich bin mit noch 35 ein junger Gastronom. Ich habe den Betrieb vor zwei Jahren offiziell vom Vater übernommen. Wir sind ein junges motiviertes Team. Und als Wirt musst du den Mut haben, Risiken einzugehen. Sonst bist du in der Branche falsch.
Sie müssen momentan mit vielen Corona-Auflagen leben. Hat das Ihre Gäste abgeschreckt?
Die Regelung mit den zwei Haushalten fand ich super, weil sie personenunabhängig war. Es war nur mühsam, die Leute immer wieder darauf hinzuweisen, dass sie Namen und Telefonnummer angeben müssen. 90 Prozent haben das verstanden. Den anderen 10 Prozent mussten wir sagen: Sorry, geht so nicht. Die Strafen sind zu hoch. Ich kann es mir nicht leisten, wenn sich bei mir die Leute anstecken.
Was bedeuten die Auflagen für Ihr Geschäft?
In der Innengastronomie sind wir mit 35 Personen ausgebucht. Vor Corona haben wir da 100 Gäste untergebracht. Wir verlieren zwei Drittel komplett. Da spüren wir auch: Die Angst ist noch da. Die Leute sitzen lieber im Freien. Wenn das Wetter schön ist, läuft das Telefon für Reservierungen im Biergarten heiß. Aber auch da verlieren wir Geschäft. Statt 120 Leuten bringen wir da nur noch 50 unter.
Wieviel Geschäft haben Sie wegen der Coronakrise schon verloren?
Klar ist: Das, was wir im April und Mai an Buchungen verloren haben, holen wir nicht auf. Man feiert seinen Geburtstag nicht zweimal im Jahr. Momentan sind wir in einer Phase, in der ich pro Monat noch einen Verlust von 5.000 bis 10.000 Euro mache. Wenn es weiter gut läuft, mache ich wegen Corona einen Gesamtverlust von 40.000 bis 50.000 Euro. Das ist verkraftbar.
Hilft Ihnen die neue 10-Personen-Regel?
Es kommen wieder mehr Anrufe rein. Man plant wieder Familienfeiern. Unser Dorf hat nur 300 Einwohner. Trotzdem haben wir jeden Sonntag einen Stammtisch mit 15 bis 20 Leuten. Da bin ich recht stolz darauf. Es ist schön, dass der jetzt wieder stattfinden kann.