Fehlt uns nicht die Zeit für taktische Spielchen? Bayern will klimaneutral werden bis 2040.
Da bin ich skeptisch. Der windarme, aber industriereiche Süden will schneller klimaneutral werden als der Bund, der die ganzen Verträge schließen und die Regeln setzen muss, die man dafür braucht? Wie soll das funktionieren?
Politisch ist das aber so entschieden.
Die EU sagt 2050. Der Bund sagt 2045. Bayern will dann Vorreiter sein und sagt: Wir schaffen 2040. Und dann melden sich einzelne Kommunen und trauen sich 2030 zu. Diesen Wettstreit, wer der Ober-Klimaschützer ist, wer noch schneller klimaneutral werden will, fand ich damals schon falsch.
Ohne ein Ziel bewegt sich nichts.
Das Ziel wurde auf dem Höhepunkt von Fridays for Future, unter dem Eindruck der damaligen Stimmung, gefasst, ohne ernsthaft über den ziemlich steinigen Weg und vor allem die sozialen Konsequenzen zu diskutieren. Heute, vor dem Hintergrund von Krieg und Inflation, würde das niemand mehr beschließen. Deshalb sage ich: Lasst uns bitte beim bundesweiten Ziel von 2045 bleiben. Das zu erreichen, wird schwer genug.
Wir stehen da auch international in der Pflicht – oder glaubst Du nicht an die Pariser Klimaschutzziele?
Klimaschutz ist für mich keine Glaubensfrage, das Problem ist sehr real. Aber keine Regierung wird ihre Ziele erreichen, wenn die Bevölkerung nicht mitgeht. Und das schaffen wir sicher nicht mit Scheindebatten, die an der Lebenswirklichkeit vorbeigehen.
Gehört der Klimawandel nicht längst zur Lebenswirklichkeit?
Die Frage ist doch, wie wir den Klimaschutz angehen. Ein Beispiel: Mein Elektriker arbeitet für einen Landwirt, der großflächig Photovoltaik machen will. Der wartet seit einem halben Jahr auf einen Termin, damit er die Leitungen anschließen kann, weil Personal fehlt. Die Anlage wird an sonnenreichen Tagen abgeregelt werden, weil die Speicher fehlen. Abstrakte Zieldebatten bringen uns da nicht weiter. Wir müssen die Probleme lösen. Schritt für Schritt.
Was hältst Du von der Schrittfolge Tempolimit, weniger Kreuzfahrten und Flugreisen?
Wir müssen tun, was höchste Priorität hat: Leitungen ausbauen und eine Speicherstrategie entwickeln, die neben Wasserstoff auch thermische Speicher im Blick hat. Und nicht nur in Oberbayern sind wir mit der Geothermie noch lange nicht am Ende. Das sind alles Themen, die man ganz konkret anpacken kann. Nicht einfach, aber machbar. Und vermittelbar.