Wie nachteilig wirkt sich heute aus, dass Bayern keinen Bundesminister mehr hat?
Es kommt natürlich darauf an, wer dann in Berlin säße, aber den Schaden halte ich für immens. Ich muss schon sagen: Diese Ampel, ich tituliere sie mittlerweile als Ampel-Gehampel, das ist auf allen Ebenen ein Drama. Das betrifft die Gesundheitspolitik, wo die Krankenhaus-Landschaften massakriert werden. Das Elend setzt sich fort in der Energie- und Wirtschaftspolitik. Die in Berlin kriegen die Fäden einfach nicht zusammen. Da herrscht Chaos mit Ansage. Der Kanzler hat keinen Führungsanspruch, das Kabinett ist sich permanent uneinig. Man hat nicht den Eindruck, dass die irgendein Problem lösen wollen.
Gibt es etwas, das Sie gut finden, was die Bundesregierung gemacht hat? Die erleichterte Zuwanderung aus Drittstaaten zum Beispiel.
Auch das wird torpediert durch das Bürgergeld. Als die Ukrainerinnen kamen, hat es ja geheißen: Jetzt kommen endlich Leute, die wir in der Wirtschaft sofort einsetzen können. Aber die Geflüchteten aus der Ukraine, andere Menschen mit Migrationshintergrund und Arbeitslose fragen sich doch gerade: Warum soll ich in gewissen Branchen für einen Lohn arbeiten, der nicht höher ist als das Bürgergeld? Das ist ein falscher Anreiz, da stehen wir uns wieder selbst im Weg.
Wie geht es den Branchen, die Ihnen besonders am Herzen liegen: der Hotellerie und Gastronomie?
Ja, da läuft es wieder sehr gut. Wir hatten 2022 ein sehr gutes Jahr im Vergleich zu 2021, aber es fehlt einfach an allen Ecken an Personal. Im Tourismus haben wir wieder fast den Stand von vor Corona.
Was würde der Gastronomie jetzt helfen?
Wir brauchen dringend eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten. Die EU-Arbeitszeitvorgaben machen das möglich – die müssen nur auch in Deutschland umgesetzt werden. Wenn die Belegschaft das will, können dann zehn oder elf Stunden am Tag gearbeitet werden. Das ist wichtig, weil wir in der Gastro oft Spitzenbelastungen haben. In den nächsten Tagen wird dann etwas weniger gearbeitet. Alles wäre deutlich flexibilisiert. Aber das wollen die in Berlin nicht.
Sie haben vor den Selbstständigen auch die Notwendigkeit einer Steuerentlastung betont.
Ja, weil wir so, wie es jetzt läuft, nicht weiterkommen. Die Bundesregierung sagt jetzt ganz zynisch: Du als Arbeitgeber kannst Deinen Mitarbeitern ja 3.000 Euro Inflationsausgleichsprämie steuerfrei geben, wenn Du willst. Aber vom Rest kassieren wir trotzdem die volle Einkommensteuer. Wir brauchen für die Gastro dringend die Verstetigung der 7 Prozent Mehrwertsteuer und die Ausweitung auch auf Getränke.
Vielleicht weil der Staat gerade jetzt Geld braucht.
Wir haben eine Phase, in der der Staat massiv an der Inflation verdient, die Arbeitnehmer aber bluten lässt, weil ihr Gehalt mit der Preissteigerung nicht mitwächst. Das ist demotivierend. Ich mache jetzt mal die Rechnung auf …
Wir sind gespannt.
Wer für den Mindestlohn arbeitet, bekommt 12 Euro pro Stunde. Bei einer 40 Stundenwoche gibt das knapp 2.000 Euro im Monat. Davon zahlt der Arbeitnehmer 400 Euro Sozialabgaben und je nach Steuerklasse 150 Euro Steuern. Bleiben 1.450 Euro netto. Der Arbeitgeber zahlt aber nochmals 400 Euro Sozialabgaben. Von den 2.400 Euro kommen nur 1.450 Euro an.
Was müsste sich in dieser Rechnung ändern?
Wenn der Lindner (Bundesfinanzminister Christian Lindner, FDP, die Red.) Beschäftigung und Gastronomie fördern will, sollte er entweder die Einkommensteuer senken oder die Sozialabgaben bezuschussen. Die Gefahr ist doch, dass Niedriglohn-Empfänger bei der jetzigen Lage die Lust verlieren und Bürgergeld beantragen. Dann zahlt niemand die zweimal 400 Euro für die Sozialabgaben. Das zahlt dann nur noch der Staat. Also die anderen Steuerzahler.
Vielleicht steuert die Bundesregierung noch nach.
Da sehe ich in Berlin nicht den geringsten Ansatz, obwohl das aus FDP-Sicht doch ein gangbarer Weg wäre – und auch aus SPD-Sicht. Die sagen immer, sie wollen niedrige Einkommen entlasten, warum tun sie es dann nicht? Das wären Lösungen für mehr Personal in vielen Bereichen. Aber offenbar ist der Ampel lieber, auch die Normalverdiener hören zu arbeiten auf und beantragen Bürgergeld.
Es gibt viel zu tun in Bayern, habe ich jetzt gehört …
(lacht)
Wollen Sie im Oktober nochmals Wirtschaftsminister werden?
Ja, es ist schon mein Ziel, Bayerns Wirtschaftsminister zu bleiben.