Omikron unterbricht Konjunkturaufschwung in Bayern
Die Corona-Pandemie hat den Aufschwung der bayerischen Wirtschaft erneut unterbrochen. Corona-Beschränkungen, Material- und Lieferengpässe, hohe Preissteigerungen und der Mangel an Fachkräften behindern die Wirtschaft. Doch die Betriebe setzen darauf, dass die Belastungen langsam nachlassen. Sie halten an ihrem Optimismus fest und möchten Personal einstellen. Dies ist das Ergebnis der Konjunkturumfrage der bayerischen IHKs.
Ausgedrückt in Zahlen sinkt der BIHK-Konjunkturindex im Vergleich zum Herbst von 128 auf 124 Punkte. Spürbar eingetrübt haben sich die Lageurteile der Unternehmen. Sie sinken per Saldo von 38 auf 32 Punkte. Die Geschäftserwartungen, die als zweite Komponente in die Indexberechnung eingehen, bleiben mit einem Saldo von 16 Punkten (zuvor 18 Punkte) hingegen nahezu konstant. Dies zeigt, dass die aktuellen Geschäfte zwar unter Druck geraten sind, die Unternehmen jedoch mit einem Wachstum in den kommenden Monaten rechnen.
Woran lassen sich die Druckpunkte aus den Ergebnissen ablesen?
- Corona-Beschränkungen: Im Tourismus und im stationären Einzelhandel sind die Geschäfte aufgrund der Corona-Beschränkungen* und der erneuten Konsumzurückhaltung eingebrochen.
- Materialknappheit: Mehr als jedes zweite Unternehmen meldet einen Materialengpass. Eine kurzfristige Entspannung bei Lieferketten und Materialversorgung erwarten die Unternehmen nicht.
- Hohe Preissteigerungen: Fast drei Viertel der Unternehmen, mehr als noch im Herbst, leiden unter hohen Preissteigerungen. Eine kurzfristige Entspannung zeichnet sich auch hier nicht ab. Vielmehr wollen so viele Unternehmen wie noch nie seit Beginn der Befragung ihre Verkaufspreise erhöhen. Speziell mit Blick auf die Energie- und Rohstoffpreise sehen 59 % der Unternehmen - das sind so viele wie noch nie - ein Risiko für die kommenden Monate.
- Fachkräftemangel: Für 64 % der Unternehmen sind fehlende Fachkräfte ein Geschäftsrisiko.
Woher rührt der Optimismus der Unternehmen bei all diesen Risiken?
Die Aussichten für die In- und Auslandsnachfrage sind gut. Die Auftragsbücher bei Industrie und Baugewerbe sind voll und mit nachlassendem Pandemiegeschehen können Tourismus und
Einzelhandel wieder mit einer Sonderbelebung rechnen. Gleichzeitig dürften mit steigender Impfquote weltweit die Pandemie-Auswirkungen abklingen.
Wie sollte die Politik reagieren?
Verlässliche, praxisnahe und klare Rahmenbedingungen sind das wirtschaftspolitische Gebot der Stunde. Konkret bedeutet dies ein Ende der Ad-hoc-Corona-Politik, realistische und verlässliche Vorgaben für die Klima-Transformation, gezielte Entlastungen bei Strompreisen, das Erschließen möglichst aller Fachkräfteressourcen, die Digitalisierung und Beschleunigung staatlicher Verwaltungsverfahren sowie ein moderner und klarer Rechtsrahmen für die Digitalisierung/Datenschutz.
Industrie
- In der bayerischen Industrie laufen die Geschäfte unverändert gut. Der Auftragsbestand ist sehr hoch und die Betriebe rechnen in den kommenden Monaten mit einer stabilen Auftragsentwicklung.
- Material- und Rohstoffknappheit verhindern, dass die Auftragsbestände schnell abgearbeitet werden können. Von einer Normalisierung geht die Mehrheit der Betriebe (63 %) erst ab der zweiten Jahreshälfte aus.
- Stark steigende Einkaufspreise sowie hohe Energie- und Rohstoffpreise erschweren zudem die Kalkulation. Auch der Fachkräftemangel begrenzt das Wachstum.
Dienstleistungen
- Die Stimmung im bayerischen Dienstleistungsgewerbe ist insgesamt recht gut. Die Betriebe sind per Saldo mit ihrer aktuellen Geschäftslage zufrieden.
- Der Ausblick für die kommenden Monate hat sich allerdings leicht eingetrübt.
- Probleme bereiten insbesondere starke Preissteigerungen, Corona-Schutzauflagen sowie der Fachkräftemangel.
- Innerhalb des Dienstleistungsgewerbes ist die Situation sehr heterogen: Bei den unternehmensnahen Dienstleistern laufen die Geschäfte recht gut, die personenbezogenen Dienstleister leiden hingegen unter den aktuellen Corona-Beschränkungen.
Handel
- Im bayerischen Handel haben sich die Geschäfte spürbar eingetrübt. Sie laufen deutlich schlechter als im Herbst und auch der Ausblick für die kommenden Monate ist von wenig Optimismus geprägt.
- Starke Preissteigerungen im Einkauf sowie Waren- und Lieferengpässe behindern den Handel aktuell massiv. Die Verkaufspreise werden daher in den kommenden Monaten weiter steigen.
- Besonders eingetrübt hat sich die Stimmung im stationären Einzelhandel, der unter den Corona-Beschränkungen massiv gelitten hat. Der Trend zum Online-Handel hält weiter an.
Bau
- Das bayerische Baugewerbe bleibt auf stabilem Wachstumskurs. Die Auftragsbücher sind gut gefüllt und auch für die kommenden Monate zeichnet sich keine Eintrübung ab.
- Im Baugewerbe herrscht allerdings Mangelwirtschaft: Die Branche leidet wie keine andere unter dem Fachkräftemangel. Zudem beeinträchtigen hohe Preissteigerungen und Lieferengpässe beim Material das aktuelle Geschäft.
- Die Baupreise werden weiter spürbar steigen: Fast drei von vier Betrieben werden die Verkaufspreise erhöhen. Dies ist ein neuer Höchststand.
Tourismus
- Das Tourismusgewerbe leidet weiterhin massiv an der Corona-Pandemie. Parallel zu den steigenden Inzidenzzahlen ist die Stimmung erneut eingebrochen.
- Corona-Einschränkungen behindern den Kundenverkehr sowie die Abläufe im eigenen Betrieb und stehen somit einer Erholung entgegen.
- Entsprechend angespannt ist nach wie vor die Liquiditätslage: 13 % der Unternehmen melden eine existenzbedrohende Liquiditätslage.
Liquidität, Auswirkungen auf die Geschäftsentwicklung und Risiken
Liquidität
- Die Finanzlage in der bayerischen Wirtschaft ist insgesamt stabil. Eine Insolvenzwelle ist nach wie vor nicht zu erkennen.
- Die Liquiditätslage hat sich, abgesehen vom Tourismus, weiter stabilisiert. Insgesamt melden 60 % der Betriebe eine gute und 31 % eine befriedigende Liquiditätslage. Mit 2 % bleibt der Anteil an Unternehmen, die eine existenzbedrohende Liquiditätslage melden, auf niedrigem Niveau.
- Die Ausnahme bildet das Tourismusgewerbe. Hier hat sich die Lage angesichts der erneuten Corona-Welle wieder verschlechtert: 13 % (Herbst 2021: 5 %) bezeichnen sie als „existenzbedrohend“ und weitere 22 % bewerten sie als „schlecht“ (Herbst 2021: 16 %).
Auswirkungen auf die Geschäftsentwicklung
- Die bayerische Wirtschaft leidet aktuell vor allem unter den starken Preissteigerungen. Fast drei Viertel melden Beeinträchtigungen. Im Vergleich zum Herbst haben die Belastungen sogar weiter zugenommen. Dies wird in den kommenden Monaten weitere Erhöhungen der Verkaufspreise nach sich ziehen.
- Eine Entspannung bei den Lieferketten und bei der Materialversorgung ist bislang noch nicht erkennbar. Mehr als jedes zweite Unternehmen meldet hierzu Probleme. Mit einer Entspannung rechnet die Mehrheit der Unternehmen frühestens ab der zweiten Jahreshälfte, wobei jedes vierte dies erst für 2023 erwartet und ebenso viele keine Prognose abgeben können.
Methode
Für den bayerischen Konjunkturbericht wurden insgesamt 3.900 Unternehmen von den bayerischen IHKs schriftlich befragt. Die Konjunkturumfrage wird drei Mal im Jahr durchgeführt.