Konjunktur in Bayern zum Jahresbeginn 2021

Bayerische Wirtschaft vertagt Erholung

Die Corona-Pandemie ist aktuell der Taktgeber der bayerischen Wirtschaft. Die zweite Infektionswelle und die erneuten Beschränkungen haben die Erholung der bayerischen Wirtschaft ausgebremst. Die Stimmung in der bayerischen Wirtschaft ist im Vergleich zum Herbst spürbar gesunken, sie ist jedoch deutlich besser als im Frühjahr 2020.

32 Prozent der Unternehmen sind mit ihrer Geschäftslage zufrieden

Der BIHK-Konjunkturindex ist gegenüber Herbst von 107 Punkten auf 98 Punkte zurückgefallen. Im Frühjahr 2020, zum Höhepunkt der ersten Infektionswelle, erreichte der Indikator mit nur 81 Punkten einen deutlich niedrigeren Wert. Beide Teilindikatoren des Index, die Lageurteile und die Geschäftserwartungen, zeichnen dieses Bild: Der Saldo der Geschäftslage liegt aktuell bei + 4 Punkten, nach +9 Punkten im Herbst und -18 Punkten im Frühjahr 2020. Damit sind aktuell sogar etwas mehr Unternehmen mit ihrer aktuellen Geschäftslage zufrieden (32 %) als unzufrieden (28 %). Der Saldo der Geschäftserwartungen dreht gegenüber Herbst von + 5 auf -9 Punkte, nach -20 Punkten im Frühjahr.

Anders als im letzten Frühjahr kann insbesondere die Industrie aktuell ihre wirtschaftliche Aktivität
weitestgehend aufrechterhalten. Auch dürften viele Unternehmen ihre Geschäftsmodelle (verstärkte Online-Absatzkanäle) und Arbeitsabläufe (digitales und mobiles Arbeiten) mittlerweile an die Corona-Herausforderungen angepasst haben. Demgegenüber erleiden allerdings weiterhin jene Unternehmen massive Umsatzeinbußen, die unmittelbar oder mittelbar vom persönlichen Kundenkontakt abhängig und von den Corona-Beschränkungen betroffenen sind.

Solange sich das Infektionsgeschehen nicht auf einem niedrigen Niveau einpendelt, dürfte sich an dieser Spaltung nichts ändern. Es besteht Hoffnung, dass die Erholung der bayerischen Wirtschaft nur vertragt ist. Die hohe Sparquote, der recht stabile Arbeitsmarkt – auch dank Kurzarbeit –, stabile Einkommen und anhaltend niedrige Zinsen bieten eine sehr gute Grundlage, dass neben den Exporten auch die Inlandsnachfrage deutlich steigt. Diese Hoffnung dürfte auch der Grund sein, warum die Unternehmen aktuell ihre Investitions- und Beschäftigungspläne nicht erneut nach unten korrigiert haben.

Damit ein erneutes kräftiges Durchstarten gelingt, sind drei Dinge wirtschaftspolitisch geboten:

  • Es ist absolut im wirtschaftlichen Interesse, dass so bald und so schnell wie möglich weiten Teilen der Bevölkerung ein Impfangebot unterbreitet wird.
  • Die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen müssen so schnell wie möglich bei den vom Lockdown stark betroffenen Branchen ankommen und ergänzende steuerliche Maßnahmen, wie ein erweiterter Verlustrücktrag, müssen auf den Weg gebracht werden. Nur so werden die besonders betroffenen Unternehmen nach der Pandemie noch existieren.
  • Das Durchstarten darf nicht durch neue Auflagen oder höhere Belastungen beeinträchtigt werden.

Industrie

  • Die bayerische Industrie setzt ihre Erholung fort. Die Unternehmen profitieren insbesondere von der Erholung wichtiger Absatzmärkte, wie China oder Nordamerika.
  • Anders als beim ersten Lockdown sind die Lieferketten und Absatzwege aktuell deutlich intakter. Angesichts der höheren Auftragslage beeinträchtigen allerdings eigene Personalausfälle die Arbeitsabläufe stärker.„
  • Die Industrie blickt weiterhin vorsichtig optimistisch auf die kommenden Monate. Ein Jobaufbau ist bislang jedoch noch nicht in Sicht.

Dienstleistungen

  • Die Situation im bayerischen Dienstleistungsgewerbe ist äußerst heterogen. Während die Stimmung bei den personenbezogenen Dienstleistungen wie in der Kultur-, Kreativ- und Erholungswirtschaft aber auch in der Zeitarbeit sehr schlecht ist, laufen IT-Dienstleistungen oder die Rechts- und Steuerberatung recht gut.
  • In Summe bleibt die Geschäftslage mit einem Saldo von 8 Punkten nach 13 Punkten im Herbst im Plus. Ihre Erwartungen haben die Dienstleister jedoch spürbar herabgeschraubt: Der Saldo der Erwartungen sinkt auf -13 Punkte. Folglich springt auch der Beschäftigungsmotor noch nicht an.

Handel

  • Die Stimmung im bayerischen Handel hat sich merklich eingetrübt. Die Unternehmen bewerten mehrheitlich ihre Geschäftslage als schlecht. Auch blicken sie äußerst pessimistisch auf die nahe Zukunft.
  • Innerhalb des Handels ist die Entwicklung allerdings äußerst heterogen: Während der geschlossene stationäre Einzelhandel ähnliche Einbußen wie im Frühjahr erleidet, läuft der Online-Handel weiter sehr gut. Auch im Großhandel ist die Entwicklung geteilt. Großhändlern, die vom Lockdown betroffene Branchen beliefern, haben Einbußen. Recht gut läuft der Handel
  • hingegen beispielsweise mit IKT-Technik, Maschinen oder Rohstoffen.

Baubranche

  • Die Baukonjunktur kühlt sich weiter langsam ab. Noch immer laufen die Geschäfte jedoch auf einem recht hohen Niveau. Aktuell bezeichnen 46 % der Unternehmen ihre Lage als „gut“, nur 8 % sind unzufrieden. Der Saldo sinkt jedoch von 50 auf 38 Punkte. „
  • Die Unternehmen gehen von einer weiteren Abkühlung in den kommenden Monaten aus. Vor allem erwarten sie weniger Aufträge im Bereich des Wirtschaftsbaus sowie des öffentlichen Sektors.
  • Als Risiko nennen die Unternehmen neben der Corona- Pandemie vor allem bürokratische Auflagen, beispielsweise mit Blick auf öffentliche Ausschreibungen.

Tourismus

  • Der Tourismus ist eine der Branchen, die von den Pandemiebeschränkungen am stärksten und längsten betroffen ist. Der aktuelle Lockdown hat die Geschäfte erneut stark einbrechen lassen: 93 % der Tourismusbetriebe bezeichnen ihre aktuelle Geschäftslage als „schlecht“.„
  • Auch die weitere Entwicklung hängt entscheidend vom Pandemieverlauf ab. Sobald die Beschränkungen allerdings gelockert werden, dürfte besonders die Tourismuswirtschaft von Nachholeffekten profitieren.

Aussicht und Risiken

Liquiditätsstatus

Die große Mehrheit der Unternehmen (insgesamt 84 %) hat
eine befriedigende oder sogar gute Liquiditätslage. Der Anteil
mit einer existenzbedrohenden Liquiditätslücke ist nach wie
vor insgesamt überschaubar.
„ Im Vergleich zum Frühjahr sind zwei Tendenzen erkennbar: 1. Es gibt deutlich mehr Unternehmen, die eine gute Liquiditätslage haben. Dies dürfte vor allem darauf zurückzuführen
sein, dass aktuell mehr Unternehmen ihre wirtschaftliche Aktivität aufrechterhalten können.

Trotz längerem Lockdown hat sich Liquiditätslage im Vergleich zum Frühjahr nicht dramatisch verschärft. Ein wesentlicher Grund dürften die Hilfsprogramme sein.

Die von den Beschränkungen direkt und indirekt betroffenen Branchen sind jedoch weiterhin dringend auf staatliche Maßnahmen zur Stärkung der Liquidität angewiesen. Ihre Liquiditätslage ist häufig sehr angespannt.

Forderungsausfälle

  • „Rund jedes zehnte Unternehmen spürt bereits verstärkte Forderungsausfälle aufgrund von Insolvenzen ihrer Kunden. Weitere 18 % befürchten dies in den kommenden Monaten.
  • Um einen Anstieg der Forderungsausfälle und mögliche Insolvenzkaskaden zu verhindern, muss die Liquidität der Unternehmen gesichert sein. Daher sollte die Überbrückungshilfe III zeitnah gestartet und weitere steuerliche Entlastungen, wie der ausgeweitete Verlustrücktrag, auf den Weg gebracht werden.

Methodik

Für den bayerischen Konjunkturbericht wurden insgesamt 3.800 Unternehmen von den bayerischen IHKs schriftlich befragt. Die Konjunkturumfrage wird drei Mal im Jahr durchgeführt.