Unsere Experten für Oberbayern 2030+ und die Ergebnisse aus den Interviews

Um herauszufinden, welche Trends und Treiber in Oberbayerns Zukunft eine Rolle spielen könnten, haben wir Experten aus einem breiten gesellschaftlichen Umfeld interviewt. Wer sind diese Experten und wofür stehen sie? Was sind die Ergebnisse und Erkenntnisse aus den Interviews?

Oberbayern: Wo sind die Stärken, wo drückt der Schuh?

Zehn Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft wurden im Zuge des Prozesses Oberbayern2030+ befragt, um ihre Sicht auf Trends und Treiber für Oberbayern herauszukristallisieren. Trotz der unterschiedlichen Hintergründe der Experten haben sich in einer semantischen Analyse der Interviews klare Trends ergeben:

  • Die Vorteile des Wirtschaftsstandorts Oberbayern sind der hohe Freizeitwert, die vergleichsweise gute Infrastruktur, die gute Positionierung bei der Digitalisierung und die Qualität der Hochschulen.
  • Oberbayern, so die Experten, profitiert von den Leistungen, die in der Vergangenheit erbracht wurden - mit dem heutigen Ergebnis einer gesunden Wirtschaftsstruktur einschließlich gutem Ökosystem für Startups. Gelobt werden die funktionierende Zivilgesellschaft und die Möglichkeiten, Familie und Beruf zu vereinbaren.
  • Deutlich kritisieren die Experten, dass nicht immer optimal auf die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen reagiert wurde beziehungsweise sie nicht vorausgesehen wurden. Dies gelte insbesondere für das falsch kalkulierte Wachstum der Städte. Zudem fehle es an einem nachhaltigen Flächenkonzept. Die Experten plädieren dafür, stärker auf den Klimawandel einzugehen.
  • In einer idealen Welt gäbe es, so die Aussagen der Befragten, bezahlbaren Wohnraum für alle und eine nachhaltige Wirtschaftsstrategie. Die Unternehmen würden konsequent soziale Verantwortung übernehmen und leben.

Dr. Laura Bechthold

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ist Wissenschaftlerin am Friedrichshafener Institut für Familienunternehmen (Zeppelin Universität) und Senior Beraterin bei Philoneos. In Forschung und Praxis beschäftigt sie sich mit der Zukunftsfähigkeit von Familienunternehmen im Spannungsfeld zwischen Tradition und Innovation. Zuvor war sie Geschäftsführerin der Future of Leadership Initiative in München und arbeitete an Themen rund um Leadership im digitalen Zeitalter. Sie hat am Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb im Bereich „Frauenförderung im Unternehmertum“ promoviert und war Programmkoordinatorin am Center For Digital Technology and Management (CDTM). Als eine zentrale Herausforderung in Oberbayern sieht sie die Stärkung der Innovationskraft insbesondere im ländlichen Raum.

Für die Zukunft brauchen wir Upskilling. Wir müssen die Menschen für den digitalen Wandel qualifizieren. Als Ministerpräsidentin würde ich Klima- und Umweltschutz als Zukunftschancen absolut positiv besetzen. Ich würde diese Themen mit Digitalisierung, insbesondere grünen Technologien, verknüpfen – das wäre der Investitionsballon, mit dem wir abheben könnten.

Dr. Laura Bechthold

Anselm Bilgri

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war Benediktiner und Cellerar der Abtei St. Bonifaz sowie Prior im Kloster Andechs. Seit seinem Ordensaustritt schreibt er zahlreiche Bücher und arbeitet als Vortragender und Redner. Er gilt als Experte für werteorientierte Unternehmensführung. Der ehemalige Mönch gründete 2004 das Zentrum für Unternehmenskultur und überträgt Ideen aus der Philosophie und des Christentums auf moderne Organisationen. Außerdem ist er Gründer des Festivals „Orff in Andechs“ und Mitbegründer der Akademie der Muße, in welcher er zur Entschleunigung des Lebens schult.

Mit der Überregulierung lähmen wir uns selbst. Windräder müssen zehn Mal so weit vom Ort weg sein, wie sie hoch sind. Also werden keine neuen Windräder gebaut. Wir verstromen weiterhin Kohle und steigern dafür die CO2-Emissionen. So kommen wir nicht voran.

Anselm Bilgri

Fabian Eckert

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ist Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens RECUP. Mit der Gründung des Unternehmens schuf er ein innovatives und nachhaltiges Mehrwegsystem für Coffee-to-go-Mehrwegbecher und möchte damit zur nachhaltigen Entwicklung der Gesellschaft beitragen. Fabian Eckert studierte Leadership for Sustainability an der University of Malmö sowie Wirtschaftspsychologie an der Fachhochschule für angewandtes Management.

Wir brauchen eine neue Form von Unternehmen. Wir müssen künftig verhindern, dass Leader in der Wirtschaft strategische Entscheidungen treffen, mit denen sie sich selbst bereichern können. Es gibt immer wieder Leute, die Millionen Euro dafür kassieren, dass sie ein Unternehmen an die Wand fahren.

Fabian Eckert

Martina Gille

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studierte Soziologie, Psychologie und Pädagogik an der Ludwigs-Maximilians Universität München und ist seit 1985 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Jugendinstitut. In ihrer Forschung beschäftigt sie sich unter anderem mit den Themen Wandel des Geschlechterverhältnisses, Wertorientierungen, Lebensentwürfe und gesellschaftliches Engagement von Jugendlichen. Seit 2008 koordiniert die Jugendforscherin im Rahmen des Projekts „Aufwachsen in Deutschland: Alltagswelten" das Kompetenzteam Jugend. Sie sieht Oberbayern besonders von Trends wie Nachhaltigkeit und Bevölkerungszuwachs stark beeinflusst.

Für Oberbayern wünsche ich mir weniger Gefälle zwischen Reich und Arm, zwischen Stadt und Land. In der Stadt muss der ÖPNV Vorrang vor dem Auto haben. Fahrrad, E-Bike und E-Scooter müssen gleichberechtigt für Mobilität sorgen. Oberbayern soll demokratischer werden. Mit einer höheren Wahlbeteiligung und mehr politischem Engagement jedes Bürgers.

Martina Gille

Prof. Dr. Christoph Lütge

ist Lehrstuhlinhaber für Wirtschaftsethik an der TU München und beschäftigt sich unter anderem mit Ethik der Digitalisierung (Künstliche Intelligenz und autonomes Fahren). Seit 2019 ist er Direktor des neu gegründeten TUM Institute of Ethics in Artificial Intelligence. Er ist außerdem Mitglied der Ethikkommission „Automatisiertes und Vernetztes Fahren“ und seit 2017 gewähltes Mitglied des Executive Committee der International Society of Business, Economics, and Ethics.

Wir brauchen etwas weniger Lederhose. Dafür mehr Laptop, Digitalisierung und einen Schuss mehr Weltoffenheit und das Gespür für globale Trends. Diese Fixierung auf die schwarze Null im Haushalt ist ein kapitaler Fehler. Die Mängel im Verkehr und in der Digitalisierung sind so groß, wir müssen jetzt massiv investieren. Haushaltsdisziplin ist gut. Aber man darf nicht an der Zukunft sparen.

Prof. Dr. Christoph Lütge

Dr. Dominik Pförringer

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ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit eigener Praxis in München sowie Lehr- und Forschungstätigkeit an der TU. Zudem ist er als Startup-Mentor und VC-Berater in der Gründerszene tätig. Er befasst sich seit vielen Jahren in Forschung und Lehre mit der Prozessoptimierung und Digitalisierung des Gesundheitssystems in Deutschland. Wenn er in die Zukunft Oberbayerns schaut, sieht er vor allem Handlungsbedarf im technischen und logistischen Bereich - das heißt konkret: im Münchener Verkehrskonzept, der landesweiten Mobilfunkabdeckung und der digitalen Vernetzung im Gesundheitssystem.

Digitalisierung und Künstliche Intelligenz werden uns Mediziner enorm entlasten. Ärzte verschwenden heute 40 bis 50 Prozent ihrer Zeit für Bürokratie und Dokumentation. Wir werden mehr Zeit für die Patienten haben. Die Angst vor der Digitalisierung in der Medizin ist falsch. Digitalisierung ist eine der letzten Chancen, um unser Gesundheitssystem so zu erhalten, wie es heute ist.

Dr. Dominik Pförringer

Gabriele Volz

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ist Bankkauffrau und Diplom-Betriebswirtin (FH) mit Schwerpunkt Finanz-, Bank- und Investitionswirtschaft. Sie ist seit 2009 Geschäftsführerin des Real Asset und Investmentmanagers Wealthcap sowie diverser Tochtergesellschaften. Sie verantwortet das Investment-, Asset- und Portfoliomanagement sowie den Vertrieb. 2018 wurde sie im Rahmen des Real Estate Women Summit als Managerin des Jahres ausgezeichnet. Herausforderungen wird Oberbayern ihrer Meinung nach in Zukunft vor allem im Bereich Infrastruktur und Wohnraum haben. Außerdem plädiert sie für Kooperationen über die Stadtgrenzen hinaus.

Dr. Stefan Lampenscherf

ist Geschäftsführer des Hirschvogel Gerg Innovationszentrums. Er studierte Physik unter anderem an der TU Dresden und promovierte in Materialwissenschaften. Seine Karriere begann er 2000 bei Siemens in der Entwicklung von Energietechnologien. Er durchlief dort mehrere Stationen vom Projektleiter über Programm-Manager bis hin zum Head of Research Group. Sein Fokus lag stets in der Forschung zu Materialtechnologien, Energieerzeugung und Prozesstechnologien. 2013 erhielt er die Siemens-Auszeichnung „Forscher des Jahres“.

Wenn wir so weitermachen wie bisher, wird es uns weiterhin gut gehen, aber wir verspielen unseren potentiellen Vorsprung. Die größte Gefahr für die Zukunft ist der Erfolg der Gegenwart.

Dr. Stefan Lampenscherf

Roland Weigert

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© Kilian Blees

Roland Weigert ist seit November 2018 im Bayerischen Landtag als Staatssekretär des Wirtschaftsministeriums tätig. Nach dem Abschluss seines Studiums der Wirtschafts- und Organisationswissenschaften im Jahr 1995 widmete sich Weigert der Politik. Seinen Einstieg fand er als Wirtschaftsreferent des Landkreises Neuburg-Schrobenhausen. Danach arbeitete er zehn Jahre als Landrat in Neuburg-Schrobenhausen. Sein jetziges Ministerium ist zuständig für die zukunftsweisenden Themen Wirtschaft, Landesentwicklung, Technologie und Energie

Ihre Ansprechpartnerin für Oberbayern 2030+

Annette Hilpert

Tel. 089 5116-1472
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