Finanzierung der Infrastruktur
Jährlich werden in Deutschland rund 11 Mrd. Euro vom Bund in die Verkehrsinfrastruktur investiert. Studien gehen jedoch davon aus, dass dennoch rund 9 Mrd. Euro fehlen, um allein einen Verschleiß der Verkehrswege zu verhindern.
Auf einen Blick
Ein Ausbau von Verkehrswegen, wie ihn insbesondere wachstumsstarke Regionen wie München dringend brauchen, findet praktisch nicht statt. Zudem unterliegen die Investitionen des Staates starken Schwankungen, was die Bereitstellung von Kapazitäten seitens der Bauwirtschaft erschwert.
Die Verkehrsinfrastruktur ist jedoch ein wesentlicher Standortfaktor. Vor allem die stark exportorientierte und international arbeitsteilig agierende oberbayerische Wirtschaft ist auf gut ausgebaute Verkehrswege angewiesen.
Damit die Verkehrsinfrastruktur zukunftsfähig gesichert ist, sollten folgende Leitlinien und Maßnahmen in den Mittelpunkt der politischen Diskussion rücken:
- Zweckbindung der Einnahmen und Finanzierungskreislauf
- Unternehmerische Bereitstellung in Form ganzheitlicher Betreibermodelle
- Privates Kapital als Ergänzung für eine haushaltsunabhängige Finanzierung.
Funktionierende Verkehrswege sind existenziell für unsere exportorientierte Wirtschaft. Es bedarf einer stabilen und verlässlichen Finanzierung, um die Kapazitäten der Straßen & Schienenwege am tatsächlichen Bedarf auszurichten.
Verkehr und Transport generieren in Deutschland über 50 Mrd. Euro an Einnahmen in Form von Nutzergebühren, Steuern und sonstigen Abgaben. Doch lediglich ein Fünftel davon fließt zurück in die Verkehrsinfrastruktur. Auch die Einnahmen aus Nutzungsentgelten werden nicht vollständig für die Straßeninfrastruktur genutzt. Würden die Mauteinnahmen komplett und zusätzlich zu den bisherigen Steuermitteln für Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen verwendet, stünden ausreichend Mittel für den Erhalt und den bedarfsgerechten Ausbau zur Verfügung. Dies würde die Zukunftsfähigkeit des Infrastruktursystems und damit des Wirtschaftsstandorts sichern. Sinnvoll wäre es daher, die Einnahmen ausschließlich zweckgebunden einzusetzen. Ein erster Schritt könnte darin bestehen, dass die Möglichkeit der Finanzierung sachfremder Ausgaben aus dem Mautgesetz gestrichen wird.
Die öffentlichen Investitionen unterliegen starken Schwankungen. Während die Investitionen im letzten Jahr um 3,4 % angestiegen sind, nahmen sie zwischen 2012 bis 2014 ab. Dies verursacht Schwankungen in der Nachfrage, so dass Ingenieurbüros und Bauindustrie nur schwer planen können. In Zeiten höherer Mittelbereitstellung können dadurch unter Umständen zu geringe Kapazitäten vorhanden sein und Projekte nicht realisiert werden. Daher sollte ein stabiles Investitionsniveau angestrebt werden. Eine bessere Planbarkeit würde schon die Möglichkeit zur Übertragung von nicht abgerufenen Mittel in das Folgejahr bringen.
Forderungen
- Vollständige Zweckbindung der Nutzungsentgelte
- Dauerhaft stabiles Investitionsniveau Mittelübertragung zulassen
Um aus dem Investitionsstau herauszukommen, muss der öffentliche Baulastträger für eine ausreichend hohe Finanzierung sorgen. Derzeit wird die Finanzierung der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur überwiegend über jährliche Haushaltsplanungen gewährleistet. Aufgrund wech-selnder politischer Prioritätensetzung kann es dadurch zu starken Schwankungen kommen. Angesichts der in der Regel langen Projektlaufzeiten wäre eine stabilere und durchgehende Finanzierung sinnvoller.
Eine Möglichkeit besteht darin, neben öffentlichen Finanzmitteln verstärkt private Investoren in die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur einzubeziehen. Eine private Finanzierung ist in der sozialen Marktwirtschaft der Normalfall. So verpflichtet etwa die Bundeshaushaltsordnung Politik und Verwaltung zur Prüfung, „inwieweit staatliche Aufgaben oder öffentlichen Zwecken dienende wirtschaftliche Tätigkeiten durch Ausgliederung und Entstaatlichung […] erfüllt werden können.“ Die Einbindung privaten Kapitals stellt zugleich eine marktwirtschaftliche Lösung dar, wie sie aktuell bei einigen Fernstraßenprojekten erfolgt. Die Möglichkeiten zur Privatfinanzierung müssen für alle Verkehrswege erweitert werden.
Die lange Nutzungsdauer der Verkehrsinfrastruktur, bei Brücken beispielsweise über 100 Jahre, ermöglicht die Lastenverteilung der Anfangsinvestition über mehrere Jahrzehnte. Angesichts des derzeitigen Finanzmarktumfelds würde eine solche langfristige Finanzierung zugleich eine sichere Anlagevariante, beispielsweise im Rahmen der privaten oder betrieblichen Altersvorsorge, eröffnen.
Forderungen
- Verlässliche und auskömmliche Finanzierung
- Betriebswirtschaftliche Projektsteuerung
In Deutschland wird die Verkehrsinfrastruktur weitgehend durch die öffentlich-rechtliche Hand verwaltet. Dies gilt etwa für rund 97 % der Autobahnen. Die hoheitliche Verantwortung zur Bereitstellung von Infrastruktur bedingt dies jedoch nicht per se. Alternativ könnte diese Aufgabe auch privatwirtschaftlich aus- und durchgeführt werden. Hierdurch kommen unternehmerische Prinzipien besser zum Tragen, wie beispielsweise in der Beschaffung, der Planung und Projektabwicklung sowie im effizienten und innovativen Bewirtschaften von Anlagen.
Die Bewirtschaftung sämtlicher Mittel des Bundesfernstraßenbaus durch die VIFG (Verkehrs-InfrastrukturFinanzierungsGesellschaft) und das projektbezogene Monitoring der Baumaßnahmen ist sinnvoll. Dies schafft Transparenz und dürfte die Effizienz der Projektabwicklung erhöhen. Zusätzliche wirtschaftliche Vorteile könnten in der Beschaffung erzielt werden, wenn alle Aufgaben im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur aus einer Hand heraus erledigt werden. Von der Ausführungsplanung über den Bau bis hin zu Betrieb und Erhaltung müssen die Ent-scheidungen bei einem verantwortlichen Akteur liegen, der die gesamte Wertschöpfungskette überblickt. Nur so können die einzelnen Aufgaben integriert und aufeinander abgestimmt werden. Dies vermeidet Schnittstellen und eröffnet Effizienzpotenziale in Form von geringeren Kosten über den gesamten Lebenszyklus. Die hoheitliche Trägerschaft der Baulast im Rahmen der Daseinsvorsorge steht dabei außer Frage.
Forderungen
- Ganzheitliche Beschaffung
- Unternehmerische Leistungsanreize
- Optimierung im Lebenszyklus