Mehr Chancengerechtigkeit für Frauen
Frauen sind als Fach- und Führungskräfte ein entscheidender Faktor für die Wirtschaft. Doch sind ihre Chancen auf Karriere und Verdienst ungleich schlechter als die der Männer.
Einerseits gibt es in den Führungsetagen nach wie vor weniger Frauen als Männer. Am deutlichsten zeigt sich dies an den Vorständen der 200 umsatzstärksten deutschen Unternehmen: Hier lag der Frauenanteil Ende des Jahres 2015 bei nur gut sechs Prozent. Im mittleren Management sind immerhin rund 30 Prozent der Führungspositionen mit Frauen besetzt. Zum anderen verdienen Frauen laut Statistischem Bundesamt weniger: Die bereinigte Entgeltlücke liegt bei rund sieben Prozent. Die Politik versucht, die bestehende Ungleichheit mit mehreren gesetzlichen Vorstößen, wie einer Geschlechterquote für Führungspositionen oder dem Entgeltgleichheitsgesetz auszugleichen. Allerdings setzt sie dabei an den Symptomen und nicht an den Ursachen an. Aus Sicht der IHK sind diese Regelungen der falsche Weg. Sie erhöhen den Bürokratieaufwand für die Unternehmen, verbessern aber nicht die Rahmenbedingungen für Frauen. Wir fordern daher:
- an den Ursachen der Ungleichheit anzusetzen
- bürokratischen Erschwernisse der Gleichstellung zurückzufahren und den Unternehmen selbst die Initiative zu überlassen.
Kleine und mittlere Unternehmen können mit Flexibilität und anderen Merkmalen eines attraktiven Arbeitgebers punkten. Sie dürfen nicht auf Gehälter reduziert werden oder bürokratisch überfordert werden.
Laut Statistischem Landesamt lag die unbereinigte Entgeltlücke im Jahr 2015 bei 21 %. Werden jedoch u. a. unterschiedliche Branchen und Berufe, in denen Frauen und Männer tätig sind, oder ungleich verteilte Arbeitsplatzanforderungen hinsichtlich Führung und Qualifikation sowie das Dienstalter berücksichtigt, schrumpft dieser Verdienstunterschied auf 7 %.
Dass Frauen weniger verdienen und seltener Karrieren machen als Männer, resultiert aus den traditionellen Rollenbildern und den unterschiedlichen Erwerbsbiografien: So arbeiten Frauen häufiger in schlechter bezahlten sozialen und erzieherischen Berufen und seltener in besser bezahlten naturwissenschaftlichen Positionen. Nach wie vor übernehmen sie den überwiegenden Teil der Familienarbeit, unterbrechen deutlich häufiger für die Familie ihre Berufstätigkeit oder reduzieren ihre Wochenarbeitszeit. Damit fällt auch der Aufstieg in Führungspositionen schwerer. Überdies hemmen bestehende Rollenbilder und männlich geprägtes Führungsverhalten Frauen in ihrer Karriereentwicklung. Die Chancengleichheit der Frauen kann nur durch die Anpassung dieser Rahmenbedingungen verbessert werden:
Frauen und Mädchen explizit zu Verdienst- und Karrieremöglichkeiten beraten
Damit Mädchen und Frauen eine Berufswahl treffen können, die ihnen gute Verdienst- und Karrieremöglichkeiten eröffnen, müssen sie über diese Aspekte explizit im Rahmen der Berufsorientierung an den Schulen informiert werden.
Bedarfsgerechte Kinderbetreuung sicherstellen
Eine funktionierende Kinderbetreuung ist Voraussetzung dafür, dass Mütter leichter am Erwerbsleben teilnehmen können. Zielführend wäre hier ein bedarfsgerechter und flächendeckender Ausbau der Ganztagesbetreuung bis 12 Jahre sowie der Betreuung auch an Randzeiten (vor 8 Uhr und nach 17 Uhr), an Wochenenden und in den Ferien. Der steuerfreie Betreuungskostenzuschuss sollte auch für Schulkinder gewährt werden.
Forderungen
- Verdienst- und Karrieremöglichkeiten explizit in der Berufsorientierung aufzeigen
- Bedarfsgerechter und flächendeckender Ausbau der Ganztagesbetreuung bis 12 Jahre
Der Gesetzgeber will die strukturelle Gleichheit zwischen Männern und Frauen über mehrere gesetzliche Regelungen herstellen – sorgt damit aber für erheblichen zusätzlichen bürokratischen Aufwand für die Unternehmen.
Elternzeitgesetz so nachbessern, dass es betrieblich besser umsetzbar ist
Die neue Elterngeld- und Elternzeitregelung fördert die partnerschaftliche Aufteilung der Elternzeit und will so vor allem die Väter, die derzeit mehrheitlich nur für zwei Monate in Elternzeit gehen, stärker in die Familienverantwortung einbinden. Das ist aus Sicht der Wirtschaft grundsätzlich zu begrüßen, weil die Mütter so schneller in den Beruf zurückkehren und besser als Fachkräfte erhalten bleiben. Die Regelung verlangt den Arbeitgebern jedoch hohe Flexibilität ab. Derzeit können Eltern in den ersten drei Lebensjahren des Kindes mit einer Frist von sieben Wochen in Elternzeit gehen und überdies die Elternzeit in drei Abschnitte aufteilen. Hier sollte der Gesetzgeber praxisorientiert nachbessern und die Frist für die Beantragung deutlich erhöhen und nur noch zwei Elternzeitteilabschnitte zulassen.
Geschlechterquote wieder abschaffen, Fördertöpfe zur Frauenförderung einrichten
Seit dem 1. Januar 2016 gilt für rund 100 börsennotierte und voll mitbestimmte Unternehmen die Geschlechterquote von 30 % für neu zu besetzende Aufsichtsratsposten. Etwa 3.500 weitere Unternehmen sind verpflichtet, sich eigene Zielgrößen zur Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten, Vorständen und obersten Management-Ebenen zu setzen. Die Wirtschaft hat die Vorteile von mehr Frauen in Führungspositionen erkannt. Freiwillige Maßnahmen geben den Unternehmen viel mehr Gestaltungsspielraum und können auf die konkrete betriebliche Situation abgestimmt werden. Daher sollte das Gesetz ersatzlos gestrichen werden. Sinnvoll wären aber Bundesfördergelder zur Frauenförderung, die z. B. für Mentoring-Programme eingesetzt werden.
Entgeltgleichheitsgesetz ersatzlos streichen
Mit dem Entgeltgleichheitsgesetz will die Bundesregierung die bestehende Entgeltlücke schließen. Nach jetzigem Stand sollen Angestellte in Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten einen individuellen Auskunftsanspruch erhalten. Der Auskunftsanspruch besteht, wenn mindestens sechs Beschäftigte vergleichbare Arbeiten verrichten. Alle Unternehmen mit mindestens 500 Beschäftigten sind verpflichtet, mindestens alle fünf Jahre ein Prüfverfahren zur Entgeltgleichheit durchzuführen. Lageberichtspflichtige Kapitalgesellschaften ab 500 Beschäftigten müssen künftig zudem regelmäßig über Maßnahmen zur Gleichstellung und zur Entgeltgleichheit berichten. Zwar müssen Männer und Frauen für vergleichbare Arbeit gleich viel verdienen. Der vorliegende Gesetzentwurf greift aber in die grundsätzliche Vertragsfreiheit zwischen Arbeitgebern und Beschäftigten ein und erhöht über den Auskunftsanspruch sowie die Prüf- und Berichtspflicht den bürokratischen Aufwand. Das Gesetz sollte ersatzlos gestrichen werden. Stattdessen sollten bereits vorhandenen Instrumente zur Ermittlung und Angleichung der Entgeltsituation, wie z. B. der eg-check oder Logib-D, intensiver beworben und bei Bedarf weitere entwickelt werden, damit mehr Unternehmen diese nutzen und auch Frauen sich gezielt für diesen Arbeitgeber entscheiden.
Rückkehrrecht in Vollzeit nicht weiterverfolgen
Die Bundesregierung plant für Teilzeitkräfte ein Rückkehrrecht in Vollzeit. Schon jetzt gilt jedoch: Wollen Teilzeitkräfte wieder mehr arbeiten, müssen sie bei der Besetzung von Vollzeitstellen bevorzugt behandelt werden. Vor allem kleinere und mittlere Unternehmen benötigen Planungssicherheit und können flexible Arbeitszeiten oft nur schwer abfedern. Das Rückkehrrecht in Vollzeit sollte nicht weiterverfolgt werden. Die bestehende Regelung ist ausreichend.
Forderungen
- Elternzeitgesetz nachbessern
- Geschlechterquote wieder abschaffen
- Entgeltgleichheitsgesetz ersatzlos streichen
- Rückkehrrecht auf Vollzeit nicht weiterverfolgen