Basel III und IV
Die IHK für München und Oberbayern hat sich mit Fokus auf die Sicherung der Unternehmensfinanzierung zu nachstehenden Basel III- und IV- Folgeregelungen positioniert:
Mittelstandsfinanzierung Kreditrisiko-Standardansatz (KSA)
Die Mittelstandsfinanzierung in Bayern funktioniert bislang. Im Jahr 2015 haben die Banken und Sparkassen im Freistaat zusätzliche Darlehen im Umfang von 12 Milliarden Euro an ihre Firmenkunden ausgereicht. Die gute Kreditversorgung ermöglicht Investitionen und sichert Wachstum und Beschäftigung im Freistaat.
Um sich gegen Kreditausfälle abzusichern, unterlegen Banken und Sparkassen ihre Kredite mit Eigenkapital. Jedem Kredit wird ein eigenes Risikogewicht zugeordnet, welches die Menge des vorzuhaltenden Eigenkapitals bestimmt. Zur Ermittlung der Risikogewichte wenden kleine und mittlere Institute den Kreditrisikostandardansatz (KSA) an. Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht unterzieht den KSA derzeit einer grundlegenden Überarbeitung. Diese soll bis Ende 2016 abgeschlossen sein.
Die aktuellen Vorschläge des Baseler Ausschusses laufen in der Summe noch immer auf einen spürbaren Anstieg der Risikogewichte und damit der Kapitalanforderungen gegenüber dem Status quo hinaus. Zwar enthält das zweite Konsultationspapier bereits deutliche Verbesserungen. In einzelnen Punkten kann es aber noch nicht zufrieden stellen. Weil Eigenkapital für Banken und Sparkassen eine begrenzte und wertvolle Ressource darstellt, würden die betroffenen Kredite an Mittelstandsbetriebe oder Immobilienkäufer deutlich knapper und teurer. Zudem ist zu berücksichtigen, dass weitere Regulierungsvorhaben ebenfalls in höheren Kapitalanforderungen resultieren können – etwa die Unterlegung von Zinsänderungsrisiken mit Eigenkapital oder die drohende Abschaffung des KMU-Korrekturfaktors im Basel III-Regelwerk. Das Zusammenspiel dieser Regelungen könnte die Mittelstandsfinanzierung nachhaltig beeinträchtigen. Die Baseler Vorschläge belasten vordergründig nur die Banken. In Wirklichkeit treffen sie die gesamte bayerische Wirtschaft.
Modifikationen der vorgelegten Regelungen sind daher zwingend erforderlich. Deshalb fordern wir folgende Anpassungen:
- Keine weitere Erhöhung der Eigenkapitalunterlegungspflichten
- Keine Zusatzanforderungen für das Risikogewicht von 85 % bei KMU-Krediten
- Zulassung qualitativer Kriterien für das KMU-Portfolio im Rahmen der Granularität
- Geringe Eigenkapitalunterlegung bei kündbaren, nicht beanspruchten Kreditlinien
- Realistisch angesetzte Risikogewichte für immobilienbesicherte Kredite
- Einführung gesonderter Risikogewichte für Pfandbriefe
Details entnehmen Sie bitte dem untenstehenden Positionspapier.
Download: Bayerisches Positionspapier zur zweiten Konsultation KSA
Mittelstandsfinanzierung - Kreditrisiko-Standardansatz
Das wichtigste Finanzierungselement des deutschen Mittelstades sind Kredite bei den eigenen Hausbanken (Kreditgenossenschaften, Sparkassen und kleinere Privatbanken).
Zur Unterlegung der Kredite mit Eigenkapital verwenden die o.g. Institute überwiegend, seit Einführung der Baseler Regelungen, den Kreditrisiko-Standardansatz.
Eine Veränderung der Regelungen zum Kreditrisikostandardansatz hat unmittelbar Einfluss auf die Verfügbarkeit von Krediten. Die Eigenkapitalunterlegungsvorschriften wurden mit Basel II und Basel III sukzessive Angehoben. Hält dieser Trend weiter an, so muss damit gerechnet werden, dass einige Kreditinstitute durch die regulatorische Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen an die Grenzen ihrer Kreditvergabefähigkeit stoßen werden.
Um die Finanzierung des Mittelstands und seine Innovationsfähigkeit nicht durch aufsichtsrechtliche Regelungen zu beeinträchtigen, müssen Maßnahmen, die eine Gefährdung des Status Quo darstellen, grundsätzlich in Frage gestellt werden.
Deshalb halten die bayerischen IHKs folgende Maßnahmen für kontraproduktiv:
- Die Einführung einer Transparenztabelle unter Berücksichtigung von Umsatz und Verschuldungsgrad anstelle einer Pauschalgewichtung von 100%
- Eine Granularitätsschwelle von 0,2 % als Messkriterium für Mengengeschäfte, die einem Risikogewicht von 75 % unterliegen.
- Die Einführung höherer Pauschalgewichte bei Kreditforderungen; Bauträger- und Immobilienfinanzierungen.
- Kreditlinien sollen in Zukunft mit 10 % risikogewichtet werden. Dabei ist ein Mindestkapitalbetrag von 8 % vorzuhalten.
- Eine Eigenkapitalunterlegungvon Forderungen an Banken wird angestrebt
- Nurexterne Ratings zur Berechnung von Eigenkapitalanforderungen können verwendet werden
Fazit
Der vorgelegte Entwurf bedarf einer kritischen Beurteilung und Überarbeitung. Es muss gewährleistet werden, dass der Mittelstand sich etablieren und gegebenenfalls expandieren kann. Hierfür ist eine unkomplizierte und ausreichende Versorgung der kleinen und mittleren Unternehmen mit Krediten von immenser Bedeutung.
Download: Bayerisches Positionspapier zu Basel III
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK)1 und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI)2 unterstützen das Ziel, die Finanzmärkte stabiler und krisenfester zu machen, weil dies auch der langfristigen Sicherung der Unternehmensfinanzierung dient. Für den Erfolg dieser Bemühungen sind möglichst konsistente und widerspruchsfreie Regelungen zwingend erforderlich.
Inkonsistenzen zwischen diversen Regulierungsvorhaben, falsche Steuerungsanreize, Mehrfachbelastungen des Finanzsektors und eine zunehmende Risikoverschiebung auf die Unternehmen der Realwirtschaft sind auch hohe Hürden für eine funktionierende Kapitalmarktunion. Die Schaffung einer Kapitalmarktunion sollte genutzt werden, Inkonsistenzen in der Regulierungsagenda zu beseitigen. Denn je mehr die zahlreichen und überaus komplexen Regulierungsmaßnahmen eine schlüssige Einheit bilden, umso größer ist der ökonomische Mehrwert der Kapitalmarktunion für die Finanz- und Realwirtschaft.
Langfristige Unternehmensfinanzierung stärken
Die Liquiditätsquote NSFR hat zum Ziel, den Bankensektor widerstandsfähiger zu machen, indem eine ausgeglichene Fristigkeitsstruktur zwischen Krediten mit einer Laufzeit von über einem Jahr und deren Refinanzierung vorgeschrieben wird. Die Einführung dieser Liquiditätsquote könnte jedoch das Bestreben konterkarieren, systemstabilisierende Langfristfinanzierungen zu fördern. Denn die NSFR fordert ein festgelegtes Verhältnis zwischen den Fristenstrukturen von Aktiv- und Passivseite der Banken. Fristentransformationen (d. h. die Umwandlung von kurzfristigen Einlagen in langfristige Kredite), die die Basis für die Langfristfinanzierung bilden, werden damit erschwert.
Allein aufgrund der Diskussion über mögliche Regulierungen ist am Markt ein nachlassendes Interesse zu erkennen, langfristige Kredite an den Mittelstand auszureichen. Diese Rückmeldung geben zahlreiche mittelständische Unternehmen aus Bayern.
Verstärkt sich diese Zurückhaltung der Geschäftsbanken im Zuge der Umsetzung der NSFR, so landet das Risiko einer langfristigen Investitionsfinanzierung (z. B. durch Zinsänderungen) künftig allein beim Kreditkunden – den Unternehmen. Anders als ein Kreditinstitut hat ein Unternehmen außerhalb des Finanzsektors im Regelfall deutlich weniger Möglichkeiten, die Risiken aus möglichen zukünftigen Zinsveränderungen oder Schwierigkeiten bei Anschlussfinanzierungen zu begrenzen oder abzusichern.
Die Bayerischen Industrie- und Handelskammern fordern, dass die NSFR als eine Beobachtungskennziffer für die Bankenaufsicht und nicht als harter und EU-weit einheitlich einzuhaltender Schwellenwert verwendet wird. Zudem ist bei der konkreten Ausgestaltung der NSFR die besondere Stabilität der Kreditfinanzierung durch Kundeneinlagen (retail-Finanzierung) zu berücksichtigen. Dadurch könnte die Möglichkeit eröffnet werden, die über Jahrzehnte gewachsene Langfristkultur in der Unternehmensfinanzierung in Deutschland weiterzuführen. Gerade die Finanzkrise hat gezeigt, dass die langen Kreditlaufzeiten stabilisierend wirken.
Download: BIHK-Stellungnahme NSFR
Beeinträchtigungen der Mittelstandsfinanzierung verhindern
Bei Krediten an KMU mit einem Kreditvolumen von unter 1,5 Millionen Euro wurde festgelegt, dass die Eigenkapitalunterlegung um ca. 24 Prozent niedriger ausfällt. Damit wurde auf Grundlage der Basel II - Vorgaben für KMU-Kredite die pauschale Erhöhung der Eigenkapitalquoten von 8 Prozent auf 10,5 Prozent ausgeglichen. Allerdings wurden weitere Kapitalpuffer, wie z.B. der Konjunkturpuffer in Höhe von zusätzlichen 2,5 Prozent, bei dieser Erleichterung nicht berücksichtigt. Infolgedessen kommt es auch bei KMU-Krediten nach Basel III ab 2016 ansteigend zu einer Erhöhung der Kapitalanforderungen.
In der Eigenkapitalverordnung ist festgelegt, dass die KMU-Erleichterung bis zum 28. Juni 2016 einer Überprüfung durch die EU-Kommission unterliegt (S. Artikel 501 Abs. 4 der Verordnung 575/2013). Zuvor hat die EBA einen Bericht über die Risikobehaftung und die Angemessenheit dieser Kredite erstellt.
Im Gegensatz zu anderen EU-Ländern gibt es in Deutschland vergleichsweise viele kleine Kreditinstitute und KMUs, die von der KMU-Erleichterung profitieren. Die IHK für München und Oberbayern sieht die Gefahr, dass bei einer Durchschnittsbetrachtung auf EU-Ebene durch die Kommission der Effekt deutlich geringer ausfällt und daher die KMU-Erleichterung zurückgenommen wird, um den Basel III – Vorschriften zu entsprechen.
Darüber hinaus legt eine Erhebung der Bundesbank nahe, dass der KMU-Korrekturfaktor in Deutschland auch unter Risikogesichtspunkten gerechtfertigt ist. Denn ein kleinteiliges Portfolio an KMU-Krediten hilft, Risiken zu diversifizieren und die Ausfälle planbar zu machen.
Die Bayerischen Industrie- und Handelskammern setzen sich für eine dauerhafte Beibehaltung des KMU-Korrekturfaktors ein. In Deutschland hat sich diese Regelung bewährt. Es konnten Beeinträchtigungen der Mittelstandsfinanzierung, die wiederum negative Auswirkungen auf die konjunkturelle Entwicklung hätten, vermieden werden.
Download: BIHK-Stellungnahme zum KMU-Korrekturfaktor
Stellungnahme zum Konsultationspapier des Baseler Ausschusses
Die bisher praktizierte Behandlung der Zinsänderungsrisiken hat zu einer erfolgreichen Banksteuerung in Deutschland geführt. Bei Inkrafttreten des vorgelegten Baseler Konsultationspapiers zur Überarbeitung der Leitlinien des Zinsrisikomanagements würde die in Deutschland weit verbreitete Vergabe von Firmenkrediten mit fester Zins- und Kapitalbindung besonders belastet.
Die Bayerischen Industrie- und Handelskammern lehnen daher eine Unterlegung von Zinsänderungsrisiken, unabhängig von einem Schwellenwert, mit Eigenkapital generell ab.
Regelungen, die zu einer weiteren Eigenkapitalunterlegung führen, sollten lediglich bei Kreditinstituten mit höheren Risikopositionen in Betracht gezogen werden. Hierüber sollte – wie bisher – im Einzelfall die nationale Bankenaufsicht entscheiden.